Verfahren auf US-Territorium 9/11-Verdächtige vor Zivilgericht
13.11.2009, 19:14 UhrDie mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 werden vor ein Zivilgericht gestellt. Der Hauptverdächtige Khalid Sheikh Mohammed und vier Mitangeklagte sollen aus Guantanamo nach New York gebracht und sich dort in unmittelbarer Nähe des früheren World Trade Center für ihre Taten verantworten, kündigte US-Justizminister Eric Holder an. Hinterbliebene und Experten kritisieren die Entscheidung.

Die Gerichtszeichnung aus dem Juli 2009 zeigt drei der fünf mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 - Walid bin Attasch, Ali Abdel Asis Ali und Mustafa Ahmed al-Hausawi (von links) - bei einer Anhörung im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay.
(Foto: dpa)
Holder sagte, dass die Angeklagten bei einem Schuldspruch mit der Hinrichtung zu rechnen hätten. "Ich erwarte voll und ganz, dass die Anklage gegen jeden der fünf Angeklagten die Todesstrafe fordert", sagte er in Washington. "Ich versichere dem amerikanischen Volk, dass wir das Verfahren mit größtmöglicher Entschlossenheit vorantreiben."
Holders Entscheidung stellt eine Kehrtwende in der Strafverfolgung der 9/11-Verdächtigen dar. Die Zivilverfahren sollen die bisherigen Militärverfahren vor umstrittenen Sondertribunalen in Guantanamo ersetzen, die vom früheren US-Präsidenten George W. Bush eingesetzt worden waren. Vor den Militärtribunalen hatten die Angeklagten nur eingeschränkte Rechte. Vor dem Zivilgericht müssen sie behandelt werden wie alle anderen Angeklagten in den USA auch. Nach Holders Angaben soll das Verfahren im New Yorker Justizdistrikt Süd stattfinden - "nur wenige Kreuzungen entfernt von dem Ort, wo die Zwillingstürme gestanden haben".
"Ein unnötiges Risiko"

Eric Holder sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt.
(Foto: REUTERS)
Vertreter der Hinterbliebenen übten scharfe Kritik an der Entscheidung. Die Regierung begehe einen "schrecklichen Fehler", hieß es in einer Erklärung der Hinterbliebenenstiftung "9/11 Families for A Secure America". Es sei "falsch", die Terrorverdächtigen durch die Anklage vor einem Gericht auf US-Territorium unter den Schutz der US-Verfassung zu stellen. Auch von der republikanischen Opposition kam Kritik. Die Regierung gehe mit der Entscheidung ein "unnötiges Risiko" ein, sagte ihr Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell.
Experten wiesen darauf hin, dass das Verfahren vor einem Zivilgericht Licht auf Foltervorwürfe gegen US-Ermittler werfen könnte. Laut offiziellen US-Angaben wurde allein Sheikh Mohammed 183 Mal der Verhörmethode "Waterboarding" unterzogen, die ein Gefühl der Ertrinkens vermittelt. Holder selbst hält dies für Folter. Der Minister zeigte sich aber zuversichtlich, dass der Prozess nicht an diesen Fragen scheitern werde: "Ich hätte das Verfahren nicht genehmigt, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass es erfolgreich abgeschlossen werden kann."
Sheikh Mohammed hatte sich in den bisherigen Vernehmungen in Guantanamo mit der Drahtzieherschaft der Terroranschläge gebrüstet. Zu seinen Mitangeklagten gehören auch Ramzi Binalshib, der zur Hamburger Zelle zählte, sowie Attas mutmaßlicher Finanzier Mustafa Al-Hawsawi. Weitere Angeklagte sind Sheikh Mohammeds Neffe Ali Abdul-Aziz Ali und der Saudiarabier Walid bin Attash.
Quelle: ntv.de, AFP