Politik

Botschaft im Sudan AA zieht Mitarbeiter ab

Das Auswärtige Amt zieht Konsequenzen aus dem Angriff auf die Botschaft im Sudan - es lässt einige Mitarbeiter nach Hause fliegen. Unterdessen klären sich Stück für Stück die Fragen um die Herkunft und Herstellung des Schmähfilms "Die Unschuld der Muslime".

Nach dem Angriff radikaler Muslime auf die deutsche Botschaft im Sudan zieht die Bundesregierung einen Teil der Mitarbeiter ab. Das Personal in der Hauptstadt Khartum werde ausgedünnt, teilte das Auswärtige Amt mit. Zudem würden zusätzliche Sicherheitskräfte entsandt. Derzeit sei die Lage zwar gespannt, aber ruhig, erklärte eine Sprecherin. Die Reisehinweise für das Land wurden verschärft. Es werde zu besonderer Vorsicht geraten und empfohlen, den Bereich um die deutsche Botschaft zu meiden, sagt die Sprecherin.

(Foto: REUTERS)

Am Freitag hatten aufgebrachte Demonstranten die Botschaft gestürmt und in Brand gesetzt. Sie ist derzeit geschlossen.

Das Bundesinnenministerium verhängte zudem ein Einreiseverbot gegen den umstrittenen US-Prediger Terry Jones. Eine Einreise des durch eine Koran-Verbrennung bekannt gewordenen Predigers nach Deutschland würde dem "Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung widersprechen", sagte ein Ministeriumssprecher. Das Verbot sei auf Grundlage des Schengen-Abkommens und des deutschen Aufenthaltsrechts ergangen. Der Sprecher wies auf eine Ankündigung der rechten Gruppierung "Pro Deutschland" hin, Jones nach Deutschland einzuladen.

Der Nebel um den islamfeindlichen Film "Unschuld der Muslime", der seit Tagen in der muslimischen Welt für gewaltsame Proteste sorgt, lichtet sich indes langsam. Der Amateurfilm, der den Propheten Mohammed verunglimpft und die Muslime als unmoralisch und gewalttätig darstellt, wurde offenbar im vergangenen Jahr von einem koptischen Christen gemeinsam mit einer rechten evangelikalen Gruppe produziert. US-Medien zufolge leitete ein Porno-Regisseur die Dreharbeiten in Duarte bei Los Angeles.

Als Schlüsselfigur erscheint bisher Nakoula Basseley Nakoula. Der 55-jährige Kopte steckt nach Angaben von US-Medien hinter dem Pseudonym "Sam Bacile", der nach Beginn der Proteste vor knapp einer Woche im "Wall Street Journal" den Islam als "Krebs" beschimpfte. Nakoula gab später zu, den 14-minütigen Trailer des Films ins Internet geladen zu haben. Zudem kündigte der in den USA lebende Ägypter an, den gesamten rund zweistündigen Film verbreiten zu wollen.

Nakoula wurde am Samstag kurz von der US-Justiz vernommen. Gekleidet mit einem weiten Mantel und versteckt unter Hut, Schal und Brille verließ er sein Haus in Cerritos bei Los Angeles. Ein Polizeisprecher sagte der Nachrichtenagentur AFP später, der 55-Jährige sei zu möglichen Verstößen gegen seine Bewährungsauflagen vernommen worden. Nakoula war 2010 wegen Bankenbetrugs verurteilt worden und darf fünf Jahre lang weder Computer noch das Internet benutzen.

Neben Nakoula soll auch die Organisation Media for Christ an der Produktion des Films beteiligt gewesen sein. Der Gruppe gehören islamfeindliche evangelikale Christen wie der Pastor Terry Jones in Florida an, der wegen der Verbrennung des Korans zu Bekanntheit gelangt war. Nach Angaben des Klatsch-Magazins "Gawker" wurde der Film von dem 65-jährigen Regisseur Alan Roberts gedreht, der bisher vor allem Porno- und Actionfilme machte.

Stimmen ausgewechselt

Nach Darstellung von Schauspielern des Low-Budget-Films, die "Gawker" interviewte, wussten sie nicht, dass der Streifen das Leben des Propheten Mohammed thematisiert. Demnach wurde der Film nach dem Dreh neu synchronisiert. Medienberichten zufolge arbeiteten neben Nakoula und Roberts auch die beiden radikalen Christen Steve Klein und Joseph Nassralla, der einer christlichen Hilfsorganisation in Duarte vorsteht, an dem Film mit.

Die "Los Angeles Times" berichtete am Sonntag, Nakoula, Klein und Nassralla seien alle von dem aus Ägypten stammenden koptischen Prediger Zakaria Botros Henein beeinflusst, der für seine Hetze gegen den Islam bekannt sei. Demnach predigt Botros, dass der Prophet Mohammed ein Homosexueller und Kinderschänder gewesen sei. Alle drei Männer äußerten sich dem Bericht zufolge lobend über den Prediger, der im Süden Kaliforniens lebt.

Botros war am Sonntag zunächst nicht erreichbar, doch auf seinem Fernsehsender Alfady verteidigte er den Film. Nach Angaben der "Los Angeles Times" wurde Botros in Ägypten wegen der versuchten Missionierung von Muslimen mehrfach inhaftiert und schließlich ins Exil gezwungen. Demnach lebte er zunächst in Australien, bevor er Anfang der 2000er nach Kalifornien kam. Angeblich setzte das Terrornetzwerk Al-Kaida ein Kopfgeld von 60 Millionen Dollar auf Botros aus.

Mahner melden sich

Auch wenn sich der Hintergrund des Films langsam klärt, bleibt es ein Rätsel, warum der Film erst Monate, nachdem er ins Netz gestellt wurde, für Proteste sorgte. Seit ihrem Beginn wurden in Libyen, Tunesien, dem Jemen, dem Sudan und anderen Ländern mindestens 15 Menschen getötet, darunter der US-Botschafter in Libyen und drei seiner Mitarbeiter. Die US-Regierung hat den Film verurteilt, doch jedes Vorgehen dagegen ausgeschlossen. Laut der US-Verfassung fällt auch beleidigende Kritik unter Meinungsfreiheit.

Nach der Gewaltwelle melden sich aber nun auch die Mahner zu Wort. "Die Wut hat den Verstand besiegt", schreibt etwa die ägyptische Zeitung "Al-Shorouk" zu den blutigen Protesten. Aus Saudi-Arabien meldete sich der Vorsitzende des Obersten Rates der Religionsgelehrten und Groß-Mufti zu Wort. Wer seinem Zorn nachgebe, mache sich letztlich nur zum Erfüllungsgehilfen der Urheber des Hassvideos, erklärte Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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