Politik

Laufzeit-Streit spaltet Union AKW-Kompromiss bahnt sich an

Auch die Endlagerung der radioaktiven Abfälle ist noch immer nicht geklärt.

Auch die Endlagerung der radioaktiven Abfälle ist noch immer nicht geklärt.

(Foto: dpa)

Im Unions-Streit über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken deutet sich offenbar ein Kompromiss an. Demnach könnten die ersten Kernkraftwerke schon im Jahr 2011 vom Netz gehen – allerdings würden andere im Gegenzug länger laufen. Die Grünen kündigen an, den Ausstieg aus dem Ausstieg nach der Bundestagswahl wieder kippen zu wollen.

Im Streit über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken zeichnet sich einem Medienbericht zufolge ein Kompromiss ab. Grund seien neue Sicherheitsauflagen, deren Erlass im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung geplant sei, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Regierungskreise. Schon im kommenden Jahr könnten ihnen die ersten "zwei oder drei" Atomkraftwerke zum Opfer fallen, andere dagegen würden im Gegenzug länger laufen. Welche das sein könnten, und wie viel länger die übrigen Reaktoren laufen könnten, sei aber noch offen. Ungeklärt sei auch noch, ob überhaupt ein fester Zeitpunkt für das Abschalten der letzten Reaktoren genannt werde. Dies hänge letztlich auch mit der Sicherheit der Anlagen zusammen, hieß es in den Regierungskreisen.

Bündnis gegen Röttgen

Das Magazin "Spiegel" hatte am Wochenende berichtet, ein Bündnis aus schwarz-gelben Bundestagsabgeordneten, süddeutschen Ländern und dem Bundeswirtschaftsministerium wolle die Reaktoren im Schnitt um 14 Jahre länger laufen lassen. Dagegen unterstützten mehrere Unions-Ministerpräsidenten Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der kürzere Fristen anstrebt.

Bis Herbst soll ein Energiekonzept Klarheit schaffen. Darin sollen auch die AKW-Laufzeiten festgelegt werden.

Seit längerem zeichnet sich ein informelles Bündnis aus den stark auf Atomstrom setzenden Südländern und den aus Süddeutschland stammenden Abgeordneten der Unions-Bundestagsfraktion ab, die wie das Wirtschaftsministerium auf längere Laufzeiten für die Atommeiler pochen. So hatte sich etwa der aus Baden-Württemberg stammende Fraktionschef Volker Kauder klar dafür ausgesprochen, Atomkraftwerke noch sehr lange nutzen zu wollen. "Wir brauchen eine angemessene Verlängerung der sicheren, deutschen Kernkraftwerke von mindestens 15 Jahren", betonte auch CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich. "Die zuständigen Bundesminister tun gut daran, in dieser Frage den engen Schulterschluss mit den Koalitionsfraktionen zu suchen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

Der "Spiegel" zitiert zudem den wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Joachim Pfeiffer: "Röttgen sollte anerkennen, dass die Mehrheit in Partei und Fraktion Kernkraft für eine längere Zeit als er für absolut nötig hält, um eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten." Die Fraktion werde der von der Koalition beschlossenen Brennelementesteuer nicht zustimmen, ohne dass die Gesamtfrage in diesem Sinn gelöst sei, sagte Pfeiffer, der ebenfalls aus Baden-Württemberg stammt.

CDU tief gespalten

Allerdings ist die Unions-Bundestagsfraktion in der Frage ebenso gespalten wie die Bundespartei. "Es gibt keine Absprache", wurde in Fraktionskreisen betont. Auch der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Bareiß, wollte die Zahl von durchschnittlich 14 Jahren nicht bestätigen. Allerdings dringt auch er auf eine klare Revision des rotgrünen Ausstiegsbeschlusses. "Die Laufzeiten sollten auf jeden Fall um eine zweistellige Jahreszahl verlängert werden", sagte Bareiß. Denkbar sei allerdings auch, dass eine längere Nutzung der Atommeiler nicht in Jahren, sondern in Terawattstunden festgelegt werde. Das Wirtschaftsministerium wollte sich dazu nicht äußern.

Auch Röttgen-Lager macht mobil

Die CDU-Ministerpräsidenten aus Niedersachsen und Saarland, David McAllister und Peter Müller, machten dagegen klar, dass sie neue lange Laufzeiten nicht mittragen werden. "Je kürzer, desto besser", sagte McAllister der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Atomenergie dürfe nur eine Übergangstechnologie hin zu erneuerbaren Energien sein. Müller wies darauf hin, dass den Atomkraftbefürwortern die Mehrheit im Bundesrat fehle. "Und ohne Zustimmung des Bundesrates - wie manche in Berlin und anderswo meinen - wird es eine deutliche Laufzeitverlängerung nicht geben", sagte er dem "Tagesspiegel".

CSU-Chef Horst Seehofer übte unterdessen einem "Focus"-Bericht zufolge im Parteivorstand scharfe Kritik an der Zerstrittenheit der CDU in der Frage der Energiepolitik. "Da gibt es drei Meinungen für eine Frage", soll Seehofer hinter verschlossenen Türen moniert haben. Nicht einmal Kanzlerin Angela Merkel, Kanzleramtschef Ronald Pofalla und Röttgen hätten eine einheitliche Position in der Atomfrage.

Gabriel kritisiert Kurs der Südländer

Sollten sich die Südländer mit ihrem Wunsch durchsetzen, dann habe CDU-Umweltminister Röttgen "auf ganzer Linie versagt", sagte SPD-Chef Gabriel über seinen Amtsnachfolger. "Ich glaube, dass das super-gefährlich ist, uralte Meiler 15 Jahre zu verlängern", sagte Gabriel in der ARD. Zudem warf er den Südländern atompolitischen Egoismus vor. Bayern und Baden-Württemberg verhinderten in ihren Bundesländern die Suche nach geeigneten Standorten für ein atomares Endlager, kritisierte Gabriel, der wie McAllister aus Niedersachsen kommt.

2013 wird wieder gewählt

Die Grünen kündigten unterdessen an, längere Laufzeiten wieder kippen zu wollen, wenn sie an die Regierung kommen sollten. Die Energieversorger dürften nicht damit rechnen, "dass dieser Liebesdienst nach der nächsten Bundestagswahl Bestand haben wird", kündigte der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin im "Hamburger Abendblatt" an. Er spielt damit darauf an, dass SPD und Grüne derzeit in Umfragen klar vor der Union und FDP liegen.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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