Politik

"Mindestens" 15 Jahre AKW-Riesen mit Drohkulisse

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(Foto: dpa)

Die vier Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW versuchen weiter, die Politik an die Leine zu nehmen. Nach einem mutmaßlichen Deal , bei dem für 12 Jahre zusätzliche Laufzeit bis zu 30 Mrd Euro fließen sollen, werden nun sogar "mindestens" 15 Jahre gefordert, sonst steigen die Preise und fallen die Jobs. Selbst mit der - eigentlich erfreulichen - Abschaltung der Meiler wird gedroht.

Die Vorstandschefs der vier großen Energiekonzerne und AKW-Betreiber haben in gemeinsamer Front gegen die Bundesregierung den Druck noch einmal erhöht und vor den Folgen eines schnellen Atomausstiegs gewarnt.

"Wir fordern eine satte Zahl zusätzlicher Jahre, mindestens aber 15 Jahre", sagte Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen mit Blick auf die AKW-Laufzeiten. RWE-Chef Jürgen Großmann und Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka warnten in dem gemeinsamen Interview mit der "Bild"-Zeitung andernfalls vor Preiserhöhungen, EnBW-Chef Hans-Peter Villis vor dem Verlust von Arbeitsplätzen.

Ministerium: Wir sind nicht beteiligt

Unterdessen ging das von Norbert Röttgen (CDU) geleitete Bundesumweltministerium auf Distanz zu den Geheimgesprächen zwischen Regierung und AKW-Betreibern. "An den Gesprächen, sofern es sie gibt, sind wir nicht beteiligt", sagte ein Sprecher der "Frankfurter Rundschau". Auch setze das Umweltministerium hinter den Vorschlag der Konzerne "ein großes Fragezeichen". Der Sprecher verwies darauf, dass die Koalition die Einführung einer Brennelementesteuer sowie die Abschöpfung eines Teils der Zusatzgewinne der AKW-Betreiber aus einer Laufzeitverlängerung zugunsten der Förderung Erneuerbarer Energien vereinbart habe. "Dieses Ziel sehen wir mit dem Vorschlag nicht beantwortet."

Medienberichten zufolge haben Eon, RWE, Vattenfall und EnBW angeboten, 20 bis 30 Milliarden Euro zu zahlen, wenn die Bundesregierung die AKW-Laufzeiten um mindestens zwölf Jahre verlängert und auf die geplante Brennelementesteuer verzichtet.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach in der "Frankfurter Rundschau" von einer "energiepolitischen Irrfahrt", Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin von "Käuflichkeit". Steinmeier sagte dazu, durch einen solchen Handel drohe "eine undemokratische Festlegung zukünftiger Mehrheiten". Es gehe um ein Geschäft "zu Lasten der Demokratie". Trittin warf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, er sei "bereit, darüber zu verhandeln, ob er käuflich ist". Von einem Ausdruck "korrupter Politik" sprach auch Greenpeace.

Abschaltung wäre eine gute Nachricht

Selbst vor einer Drohung, die sich letztlich als Eigentor herausstellen könnte, schrecken die Atomkonzerne nicht zurück. Weshalb die AKW- Betreiber jetzt mit dem Abschalten von Anlagen drohten, die nach geltendem Recht sowieso abgeschaltet werden sollten, "ist mir schleierhaft", sagte die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert.

Auch Greenpeace sprach von einer "leeren Drohung".  Damit bestätigten die Konzerne nur, dass die Atomkraftwerke für die Stromversorgung gar nicht benötigt würden. Auch ohne die sieben ältesten Meiler und den nicht produzierenden Pannen-Reaktor Krümmel werde es keinen Strommangel geben, erklärte die Umweltorganisation unter Berufung auf Berechnungen des Aachener Instituts EUtech. Die Werke trügen nur noch zu 5,4 Prozent zur Versorgung bei. Die übrigen neun moderneren Atommeiler könnten bis zum Jahr 2015 abgeschaltet werden. Eine Abschaltung wäre "eine gute Nachricht", so Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer. "Hoffentlich machen die Atomkonzerne ihre Drohung wahr", meinte auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast.

Nach den Greenpeace-Zahlen exportiert Deutschland zudem knapp die Hälfte der von den acht sofort abschaltbaren Atomkraftwerken produzierten Strommenge ins Ausland. Die Erneuerbaren Energien trügen bereits mehr als 16 Prozent zur Stromproduktion bei.

"Heißer Herbst" für die Atomlobby

Künast kündigte der Koalition in der Atomdebatte einen "heißen Herbst" an. "Hier geht es um ein schmutziges Geschäft: Milliarden gegen Laufzeiten", sagte sie den Dortmunder "Ruhr Nachrichten". Grünen-Chefin Claudia Roth warf der Regierung "Bestechlichkeit" vor.

Die schwarz-gelbe Koalition streitet seit Monaten über die von ihr geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Während Röttgen eine moderate Verlängerung befürwortet, dringen andere Koalitionspolitiker und Wirtschaftsvertreter auf eine massive Ausweitung. Dafür wäre allerdings Rechtsgutachten zufolge die Zustimmung des Bundesrats erforderlich, wo die Koalition keine Mehrheit hat.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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