Verhandlungen in Libyen AU schlägt "Übergangsphase" vor
10.04.2011, 13:05 Uhr
Ein Aufständischer an der Straße zwischen Brega und Aschdabija bereitet einen Raketenwerfer vor.
(Foto: dpa)
Die Afrikanische Union fordert einen sofortigen Waffenstillstand und die "Einstellung aller Feindseligkeiten" in Libyen. Damit solle eine "Übergangsperiode" für politische Reformen eingeleitet werden. Dessen ungeachtet gehen die Kampfhandlungen zwischen Gaddafi-Truppen und Rebellen weiter; auch die NATO setzt ihre Luftangriffe fort.
Unmittelbar vor der Reise von fünf afrikanischen Staats- und Regierungschefs nach Tripolis hat die Afrikanische Union (AU) die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen in Libyen gefordert. Beide Seiten müssten einen Dialog beginnen, erklärte die AU am Sonntag.
In der Erklärung der Präsidenten Südafrikas, der Demokratischen Republik Kongo, Malis, Mauretaniens und Ugandas werden ein sofortige Waffenstillstand und die "sofortige Einstellung aller Feindseligkeiten" verlangt. Die Waffenruhe solle eine "Übergangsperiode" für politische Reformen einleiten. In dieser müssten die nötigen Reformen stattfinden, "um die Gründe der aktuellen Krise zu beseitigen und den legitimen Forderungen des libyschen Volkes nach Demokratie, Gerechtigkeit, Frieden und Sicherheit nachzukommen".
Treffen in Tripolis und Bengasi
Die hochrangigen AU-Vertreter trafen sich in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott, bevor die Delegation unter Führung des südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma nach Tripolis weiterreiste. In der libyschen Hauptstadt ist ein Treffen mit Machthaber Muammar al-Gaddafi geplant. Am Montag will die Delegation in Bangasi mit Vertretern des Übergangsrates, der provisorischen Regierung der Regimegegner, sprechen.
Die panafrikanische Organisation hatte sich zuletzt wiederholt für eine Verhandlungslösung in Libyen stark gemacht. Sie unterstützt nicht die Forderung der libyschen Aufständischen und des Westens, dass Gaddafi die Macht abgeben und mit seiner Familie das Land verlassen soll.
NATO als "Konfliktpartei auf Seiten der Rebellen"
Nach Regierungsangaben hat die libysche Armee in der Region der Küstenstadt Brega im Osten des Landes zwei Hubschrauber der Rebellen abgeschossen. Vize-Außenminister Chaled Kaaim kritisierte in diesem Zusammenhang die NATO. Obwohl es Aufgabe der Militärallianz sei, die über Libyen verhängte Flugverbotszone zu überwachen, habe sie zugelassen, dass die beiden Kampfhubschrauber der Rebellen aufgestiegen seien. Es stelle sich die Frage, ob die Flugverbotszone lediglich für die libysche Regierung oder aber für beide Seiten gelte. Die NATO sei zu einer "Konfliktpartei auf Seiten der Rebellen" geworden.
In Libyen waren seit dem 19. März Truppen unter Führung der USA, Frankreichs und Großbritanniens im Einsatz, um eine vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen autorisierte Flugverbotszone über dem Land durchzusetzen. Am 31. März hatte die NATO das Kommando über die Militäraktion in Libyen übernommen.
"Menschliche Schutzschilde" für Gaddafi-Truppen
Die NATO setzte auch am Wochenende ihre Luftangriffe fortgesetzt, obwohl Gaddafis Soldaten Zivilisten als "menschliche Schutzschilde" benutzten. Der kanadische General Charles Bouchard, Leiter der Operation "Unified Protector" (Vereinigte Schutzmacht) im Regionalquartier der Militärallianz in NATO, erklärte, es gebe "abscheuliche Beispiele" dafür, dass Soldaten schwere Waffen "absichtlich" in der Nähe von Zivilisten, ihren Wohngebäuden und sogar ihren Moscheen stationierten. Soldaten seien auch beobachtet worden, "wie sie sich hinter Frauen und Kindern verstecken". Dieses Verhalten verstoße gegen die Prinzipien des Völkerrechts und werde "nicht toleriert".
NATO weist Vorwurf der Rebellen zurück
Zu Vorwürfen der Rebellen, die NATO sei nicht schlagkräftig genug, sagte Bouchard, Kampfflugzeuge der Militärallianz hätten am Freitag und Samstag wichtige Munitionslager und mehrere Panzerfahrzeuge der libyschen Regierung zerstört. Einige der zerstörten Panzerfahrzeuge seien am "wahllosen Beschuss" der Hafenstadt Misrata beteiligt gewesen. Damit sei die Fähigkeit der Gaddafi-Truppen eingeschränkt worden, die örtliche Bevölkerung anzugreifen. Die NATO werde "nicht immer in der Lage sein, den Verlust von Menschenleben zu begrenzen". Aber die Gaddafi-Einheiten sollten wissen, "dass sie zum Ziel werden, wenn sie ihre eigene Bevölkerung angreifen", erklärte Bouchard.
Ein Sprecher der Rebellen teilte mit, dass im Kampf um Misrata mindestens 30 Aufständische getötet worden sind. Regierungstruppen hätten drei verschiedene Teile der Stadt im Westen des Landes angegriffen und seien dann zurückgeschlagen worden.
Nach Einschätzung von Experten haben es die Regierungstruppen vor allem auf die Einnahme des Hafens von Misrata abgesehen, auf den Gaddafi im Falle eines langanhaltenden Konfliktes angewiesen sein dürfte. Am Samstag legte ein Schiff des Roten Kreuzes mit Hilfsgütern an.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP