Frankreich droht mit Alleingang Abbas trifft Westerwelle und Merkel
05.05.2011, 13:31 Uhr
Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßt Mahmud Abbas am Auswärtigen Amt in Berlin.
(Foto: picture alliance / dpa)
Palästinenserpräsident Abbas unterzeichnete in Kairo das Abkommen zwischen Fatah und Hamas. Jetzt will er mit Bundeskanzlerin Merkel über die Entwicklungen in Nahost sprechen. Unionspolitiker warnen noch vor Alleingängen der EU, da will Frankreich bereits selbst Fakten schaffen - und setzt der Welt eine Frist.
Die Ankündigung Frankreichs, einen unabhängigen Palästinenserstaat auch gegen den Willen Israels anzuerkennen, ist in Berlin auf Kritik gestoßen. Unions-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff forderte eine gemeinsame Haltung der Europäischen Union (EU) zur möglichen Staatsgründung der Palästinenser. "Die Botschaften, die aus Paris, London und Berlin an Israelis und Palästinenser vermittelt werden, müssen im Nahost-Quartett ganz eng abgestimmt sein", sagte er dem "Tagesspiegel". "Einen einseitigen Vorstoß halte ich für falsch." Der außenpolitische Sprecher der Union, Philipp Mißfelder, sagte: "Dies ist ein erneuter Beweis, dass die gemeinsame europäische Außenpolitik nicht im Ansatz funktioniert."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trifft am Nachmittag Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas, nachdem Bundesaußenminister Guido Westerwelle ihn im Auswärtigen Amt begrüßte. Im Mittelpunkt des Gesprächs mit Merkel: Das weitere Vorgehen nach dem am Vortag in Kairo besiegelten Versöhnungsabkommen zwischen den bislang verfeindeten Palästinenserfraktionen Fatah und Hamas. Die Bundesregierung äußerte sich zu der Vereinbarung bislang skeptisch, weil die radikal-islamische Hamas weiter das Existenzrecht Israels infrage stellt. Merkel hatte Anfang April erklärt, Deutschland werde eine einseitige Unabhängigkeitserklärung der Palästinenser nicht akzeptieren.
Sarkozy setzt Frist
Demgegenüber drohte der französische Präsident Nicolas Sarkozy in einem Interview des Nachrichtenmagazins "L'Express": "Wenn der Friedensprozess im September immer noch an einem toten Punkt ist, wird Frankreich in Bezug auf die zentrale Frage der Anerkennung eines palästinensischen Staates seine Verantwortung übernehmen." Nach einem Vorschlag von Außenminister Alain Juppé soll der Nahost-Friedensprozess auf einer Konferenz Ende Juni in Paris wieder angekurbelt werden.
Die SPD begrüßte grundsätzlich das Kairoer Abkommen. "Die Überwindung der Spaltung der palästinensischen Gesellschaft ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Friedensprozess mit Israel", sagte ihr außenpolitischer Sprecher Rolf Mützenich. Dass sich die radikal-islamische Hamas zu einem Gewaltverzicht bekannt habe, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Der SPD-Politiker kritisierte die "Vorfestlegungen" der Bundesregierung gegen das Abkommen. Dadurch werde Abbas die Arbeit unnötig erschwert. "Das war ein Fehler", kritisierte auch der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin die Position von Merkel. Die Zustimmung vom Ja der Israelis abhängig zu machen, sei gefährlich, weil es seit Ende September keine bilateralen Friedensverhandlungen mehr gegeben habe.
"Fatale Verbrüderung"
Dagegen sieht der Zentralrat der Juden in Deutschland den Friedensprozess mit Israel durch die Vereinbarung von Kairo gefährdet. Der Schulterschluss von Hamas und Fatah sei eine "fatale Verbrüderung", sagte sein Präsident Dieter Graumann im Deutschlandfunk. "Die Hamas-Charta sagt bis heute, dass nicht nur Israel vernichtet werden soll, sondern dass auch alle Juden getötet werden sollen." Der Zentralrat hatte ein Treffen mit Abbas in Berlin abgelehnt.
Nach seinem Solidaritätskonzert für die Palästinenser im Gaza-Streifen hat sich Dirigent Daniel Barenboim für einen stärkeren internationalen Druck auf Israel gegen die Blockade des eingeschlossenen Gebiets ausgesprochen. Nur eine Öffnung werde den Weg freimachen für eine Verständigung, sagte er der dpa. "Es wird keine Lösung für die Palästinenser in Ramallah geben, wenn es nicht auch eine für die Menschen in Gaza gibt. Der Schlüssel ist Gaza." Er wünsche sich auch von der Bundesregierung deutlichere Worte dazu.
Quelle: ntv.de, dpa/rts