Politik

Stichwahl in Afghanistan Abdullah droht mit Boykott

Eine Woche vor der Stichwahl um die afghanische Präsidentschaft erwägt der aussichtsreichste Herausforderer von Amtsinhaber Hamid Karsai einen Rückzug. Der frühere Außenminister Abdullah Abdullah kündigt für Sonntag eine Erklärung an, in der er eine Entscheidung mitteilen wolle.

Am Samstag lief die Frist ab, die Abdullah der Regierung wegen des Wahlbetrugs in der ersten Runde am 20. August zur Entlassung des Chefs der Wahlbehörde und dreier Minister gesetzt hat. Präsident Hamid Karsai hat signalisiert, die Forderung nicht zu erfüllen. Abdullah macht die Kommission sowie Teile der Kabinetts für massive Wahlfälschungen verantwortlich. Die IEC weist die Vorwürfe zurück und lehnt einen Wechsel an ihrer Spitze ab.

Glaubt nicht an eine "faire und freie" Stichwahl: Abdullah Abdullah.

Glaubt nicht an eine "faire und freie" Stichwahl: Abdullah Abdullah.

(Foto: AP)

Abdullah tendiere nach dem Scheitern seiner Gespräche mit Karsai dazu, sich aus der Stichwahl zurückzuziehen, sagten westliche Diplomaten in Washington. Dies sei aber noch keine beschlossene Sache. "Das könnte auch ein Versuch sein, Druck auf die Verhandlungen auszuüben."

Alle Optionen offenhalten

Die "New York Times" hatte zuvor unter Berufung auf Vertraute Abdullahs und westliche Diplomaten berichtet, der Herausforderer werde nicht am 7. November antreten und dies am Sonntag bekanntgeben. Abdullah wolle sich aber zugleich alle Optionen bis zum letzten Moment offenhalten, hieß es weiter.

Eine Stichwahl ohne Gegenkandidaten würde die Legitimation Karsais weiter untergraben, dem die Vereinten Nationen nach der ersten Wahlrunde weit verbreitete Manipulationen vorgeworfen hatten. Ein schwacher Präsident würde aber die Aussichten auf eine baldige Stabilisierung des Landes deutlich verschlechtern. USA und NATO prüfen derzeit eine weitere massive Truppenaufstockung, um die radikal-islamischen Taliban fast neun Jahre nach ihrem Sturz endgültig zurückzudrängen.

Geringe Wahlbeteiligung erwartet

In der ersten Runde hatte es massive Wahlfälschungen zugunsten von Karsai gegeben. Das zunächst veröffentlichte Endergebnis von 54,6 Prozent für den Präsidenten wurde deshalb auf unter 50 Prozent korrigiert. Dennoch lag Karsai auch nach Abzug gefälschter Stimmen noch fast 20 Prozentpunkte vor Abdullah.

Unsicher ist, ob viele Afghanen überhaupt an der zweiten Runde teilnehmen. Schon im August war die Wahlbeteiligung mit knapp 38 Prozent gering gewesen. Vielfach hatten die Taliban mit Überfällen und Anschlägen für ein Fernbleiben der Bürger von den Urnen gesorgt. Auch die Stichwahl wollen die Taliban behindern. Bei einem Angriff der Aufständischen auf ein UN-Gästehaus in Kabul waren am Mittwoch auch fünf Mitarbeiter der Vereinten Nationen getötet worden.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen