Politik

Parteichef Lucke treibt es bunt AfD mutiert zum Schreckgespenst

Bernd Lucke, Chef der AfD.

Bernd Lucke, Chef der AfD.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die eigentliche Überraschung der anstehenden Bundestagswahl könnte das Abschneiden der AfD werden. Ziehen die Euro-Kritiker ins Parlament ein, wirbelt das einiges durcheinander. Parteichef Lucke geht in den letzten Tagen des Wahlkampfes also rotzfrech zur Sache.

Die Bahamas-Koalition

Die schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition war einmal ein Thema - und im Saarland sogar zwei Jahre Realität. Schwarz für die Union, Gelb für die FDP, Grün für die Grünen: Das entspricht den Nationalfarben Jamaikas - und spielt in der deutschen Politik derzeit keine Rolle mehr.

Dafür gewinnt jetzt ein anderer Karibikstaat im Wahlkampf rasend an Popularität: die Bahamas. Deren Farben Schwarz-Gelb-Blau stehen für eine mögliche Koalition aus Union, FDP und eurokritischer AfD. Allerdings ist die Flagge der Bahamas überwiegend blau, was dem Gewicht der Alternative für Deutschland in einem möglichen Bündnis mit den aktuellen Regierungsparteien vermutlich nicht entspricht.

Jetzt, wenige Tage vor der Bundestagswahl, bekommt die AfD ein Gesicht. Und zwar das des Schreckgespenstes. Nicht, weil die "Alternative für Deutschland" in den Umfragen besonders gut dasteht – sie liegt eigentlich durchweg unter der Fünf-Prozent-Hürde. Sondern weil das Protestwähler-Potenzial und das Lager der Unentschlossenen doch groß sind. Viele Wähler entscheiden eben erst in der Wahlkabine über die Platzierung ihres Kreuzes.

Die Demoskopen sagen, dass in Vorab-Umfragen die meisten Protestwähler nicht zu ihrem Protest stehen, schließlich aber dann doch konsequent abstimmen. Darauf setzt die AfD. Und kann es angesichts eines Wahlkampfes, der bisher wenig Differenzierungen brachte, wohl auch. Laut jüngsten Erkenntnissen des Umfrageinstituts Forsa hat die Anti-Euro-Partei damit theoretisch ein Reservoir von 22 Prozent, das sich "die geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes" vorstellen kann. Und bei Facebook steigt die Zahl der AfD-Anhänger so schnell wie die keiner anderen Partei. 61.000 "Freunde" sind es zurzeit, mehr als alle anderen Parteien mit Ausnahme der Piraten, die es auf 83.000 bringen.

Die Partei geht daher äußerst selbstbewusst mit ihren Erwartungen um. Parteichef Bernd Lucke zweifelt nicht mehr daran, dass seine Newcomer-Truppe ins deutsche Parlament einzieht. Er erwartet sogar ein "beinahe zweistelliges" Ergebnis.  Lucke ist dabei, um es klar zu sagen: rotzfrech. Er weiß, dass er in den Gefilden der Union fischt, in der längst nicht mehr alle hinter dem Europa-Kurs von Parteichefin Angela Merkel stehen. Und so bringt er immer wieder ins Spiel, dass eine Koalition mit der CDU/CSU ja gar nicht ausgeschlossen sei, schließlich könne die Union ihren Euro-Kurs ändern. Sein Argument ist deftig: "Also ich denke, die CDU ist nicht unbedingt die Partei, bei der man sagen kann, dass die Wahlversprechen sonderlich verlässlich sind."

Reicht ein Thema?

Man müsse abwarten, was die Union nach der Wahl sage, ergänzt Lucke in der ARD. "Ich habe ja 2009 auch nicht geglaubt, dass die CDU die Wehrpflicht abschaffen wird, nachdem sie das Gegenteil versprochen hat. Oder dass sie die Laufzeiten der Kernkraftwerke verkürzen würde, nachdem sie das Gegenteil versprochen hat. Oder dass sie einen Mindestlohn einführen wird, nachdem sie das Gegenteil versprochen hat." Das sitzt. Zumindest für die Logik der Stammtisch-Politik.

Merkel reagiert auf solche Spekulationen meistens kurz und knapp. Die AfD sei kein Thema, sagt sie dann. Ob das reicht? Den Grünen ist das nicht genug. Sie gehen inzwischen offensiv gegen die AfD vor. Spitzenkandidat Jürgen Trittin beschuldigt Merkel, keine Antwort auf die Frage zu geben, ob sie sich von der AfD tolerieren lassen würde. "Keiner weiß, ob die Bahamas-Koalition vor der Tür steht", sagt er. Um dann die Lucke-Truppe nochmals in der rechten Ecke zu verorten.

Auch die FDP ist aufmerksam geworden, weil längst nicht sicher ist, dass die Liberalen es ins Parlament schaffen. Und jeder Wähler, der sich angesichts seiner Euro-Sorgen von der mitregierenden FDP nicht mitgenommen fühlt, könnte am Wahlabend dramatisch fehlen. Spitzenkandidat Rainer Brüderle sagt denn auch "Ein-Themen-Parteien mit völlig unrealistischen Überlegungen lösen keine Probleme." Da hat er wohl recht. Und vergisst dabei doch, dass auch seine FDP mit nur einem Thema, dem "niedrigeren, einfacheren und gerechteren Steuersystem", bei der letzten Wahl auf über 14 Prozent kam.

Quelle: ntv.de

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