Politik

"Mit eiserner Hand" gegen Unruhestifter Ägyptens Militär greift hart durch

Der Oberste Militärrat, der derzeit Ägypten regiert, droht Unruhestiftern "exemplarische Strafen" an. Die fast 200 Menschen, die nach Übergriffen auf Kopten festgenommen wurden, werden vor ein Militärgericht gestellt. Bei den Zusammenstößen zwischen Muslimen und Christen waren zwölf Menschen getötet worden. Die USA verurteilen die "sinnlose Gewalt".

Die Unruhen hielten auch noch am Sonntag an.

Die Unruhen hielten auch noch am Sonntag an.

(Foto: dpa)

Nach den schweren Krawallen zwischen koptischen Christen und Muslimen in Kairo will die ägyptische Regierung hart gegen Unruhestifter vorgehen. Gegen jeden, der die nationale Sicherheit aufs Spiel setze, werde "mit eiserner Hand zugeschlagen", warnte Justizminister Abdel Aziz al-Gindi nach einer Krisensitzung der Regierung. Bei Straßenschlachten zwischen Muslimen und Christen waren zuvor im Kairoer Armen-Viertel Imbaba mindestens 12 Menschen getötet und 230 weitere verletzt worden. Eine koptische Kirche brannte weitgehend aus.

Man werde nicht zögern, die Gesetzte, die Angriffe auf Orte des Gottesdienstes oder die Glaubensfreiheit unter Strafe stellen, anzuwenden, sagte Al-Gindi. Zuvor hatte bereits der seit dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak im Februar herrschende Oberste Militärrat "exemplarische Strafen" angekündigt. Die rund 190 während der nächtlichen Krawalle Festgenommenen müssten sich "wegen des Versuchs, das Schicksal der Nation aufs Spiel zu setzen" vor Militärgerichten verantworten.

Die Bundesregierung nannte die Zusammenstöße von Muslimen und koptischen Christen "sehr besorgniserregend". Regierungssprecher Seibert begrüßte aber zugleich die Entscheidung der Führung in Kairo, die Ursachen für die Gewaltausbrüche zu untersuchen und die Verantwortlichen für die Krawalle zur Rechenschaft zu ziehen. Man könne Ägypten nur darin bestärken, für ein Klima der Toleranz zu sorgen, in der die Sicherheit religiöser Minderheit garantiert sei, sagte Seibert.

Kirche fordert offene Auseinandersetzung

Die koptische Kirche forderte eine öffentliche Debatte über die Gewalt gegen Christen. "Egal, was passiert, immer heißt es nur, die Überreste des alten Regimes seien schuld, und zwar schon bevor die Ermittlungen begonnen haben - das reicht nicht, wir brauchen eine ehrliche Auseinandersetzung, mit dem, was in unserem Land geschieht", sagte der koptische Priester Jussif Samir im ägyptischen Staatsfernsehen.

Seit der Revolution, die im Februar zur Entmachtung von Präsident Husni Mubarak geführt habe, sei die Bewegung der radikalen Islamisten ("Salafisten") wieder erstarkt, erklärte er. Der Priester sagte: "Die Stimme, die wir nicht hören wollen, ist im Moment leider die Stimme, die auf der Straße lauter ist als alle anderen." Nach ihm sprach im TV-Studio ein islamischer Religionswissenschaftler, der "eine versteckte Hand und ausländische Unterstützung" hinter der jüngsten Eskalation vermutete.

Die ägyptische Organisation für Menschenrechte erklärte: "Die Sicherheitsbehörden müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und sich diesem Aufruhr entgegenstellen, damit das ägyptische Volk vereint bleibt." Mehrere Augenzeugen hatten nach der Eskalation der Gewalt in Imbaba erklärt, die Polizei habe sich herausgehalten. Die Armee sei viel zu spät vor der St.-Mina-Kirche eingetroffen.

Ausgangssperre verhängt

Zu den Unruhen war es in der Nacht zum Sonntag gekommen, als hunderte Muslime eine koptische Kirche angriffen, in der angeblich eine erst kürzlich vom Christentum zum Islam konvertierte junge Frau festgehalten wurde. Augenzeugen berichteten, dass Schusswaffen und Molotow-Cocktails eingesetzt wurden. Die Kirche ging in Flammen auf und wurde schwer beschädigt. Die Sicherheitsbehörden verhängten eine Ausgangssperre für die betroffene Straße.

Kopten tragen den Sarg eines der Opfer der Übergriffe.

Kopten tragen den Sarg eines der Opfer der Übergriffe.

(Foto: dpa)

Die Frau, die angeblich in der St. Mina-Kirche gegen ihren Willen festgehalten wurde, sei zum Islam konvertiert, um einen muslimischen Mann heiraten zu können, hieß es. Der Wahrheitsgehalt dieser Behauptungen ließ sich allerdings nicht überprüfen. Liebesbeziehungen gemischt-religiöser Paare sind in Ägypten immer wieder Auslöser von Gewalt.

Nach den Zusammenstößen in Imbaba waren koptische Christen vor die US-Botschaft in Kairo gezogen und hatten gefordert, mit dem Botschafter über die "Ungerechtigkeiten gegen die christliche Minderheit" sprechen zu dürfen. Vor dem Gebäude des staatlichen Rundfunks protestierten rund 7000 Kopten mit einer Sitzblockade.

"Sinnlose sektiererische Gewalt"

Die USA verurteilten die "sinnlose sektiererische Gewalt und Zerstörung". "Wir rufen zur Ruhe auf und unterstreichen unsere Unterstützung für die Ägypter, die im Geiste der Einheit, die der Revolution vom 25. Januar folgte, religiöse Gewalt ablehnen", hieß es in einer Erklärung der Botschaft. Zugleich wurde eine umfassende und transparente Untersuchung der Vorkommnisse gefordert.

Zuletzt waren Anfang März in Kairo bei Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Kopten 13 Menschen getötet und rund 100 weitere verletzt worden. Auslöser der Gewalt im Vorort Mokattam waren Proteste gegen die Zerstörung einer Kirche südlich der ägyptischen Hauptstadt durch extremistische Muslime.

Koptische Christen bilden in dem überwiegend von Muslimen bewohnten Ägypten einen Bevölkerungsanteil von schätzungsweise 10 Prozent, was etwa acht Millionen Menschen entspricht.

Quelle: ntv.de, dpa

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