Gabriel strebt Strategiewechsel an Alle sollen für Schulden haften
06.08.2012, 09:47 Uhr
Gabriel will seinen Vorschlag nun in der SPD zur Diskussion stellen.
(Foto: dpa)
Die Euro-Staaten sollen gemeinschaftlich für ihre Schulden haften, fordert SPD-Chef Gabriel. Zur Bedingung macht er eine gemeinsame Haushaltskontrolle. Dazu will er das Grundgesetz ändern. Die Euro-Politik der Regierung hält Gabriel für gescheitert. Jüngste Äußerungen von Italiens Premier Monti stoßen derweil auf scharfe Kritik.

Geht es nach dem SPD-Chef, sollen die Schulden der Euro-Staaten vergemeinschaftet werden.
(Foto: dapd)
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat sich für einen grundlegenden Strategiewechsel in der deutschen Europapolitik ausgesprochen. Er plädiere für eine offene gemeinschaftliche Haftung für die Schulden aller Euro-Staaten bei gleichzeitiger strenger gemeinsamer Haushaltskontrolle, sagte er der "Berliner Zeitung". Dafür müsse ein Verfassungskonvent eine Grundgesetzänderung erarbeiten, die dann den Bürgern in einer Volksabstimmung vorgelegt werde.
Gabriel machte sich damit einen Vorschlag der Professoren Jürgen Habermas, Peter Bofinger und Julian Nida-Rümelin zu eigen, den diese für die Wahlprogrammdiskussion der SPD formuliert haben. Er werde den Vorschlag in die SPD-Gremien einbringen und zugleich bei den Vorsitzenden der anderen sozialdemokratischen Parteien in Europa dafür werben, sagte Gabriel. Der Euro-Rettungskurs der Bundesregierung, den die SPD im Bundestag bisher gestützt hat, sei gescheitert. Die Bundesregierung lehnt eine Vergemeinschaftung von Schulden der Euro-Staaten etwa über Euro-Bonds dagegen kategorisch ab.
Scharfe Kritik an Monti
Gleichzeitig kritisierte die SPD die Empfehlung des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti zu mehr Eigenständigkeit der Regierungen von ihren Parlamenten scharf. "Die Akzeptanz für den Euro und seine Rettung wird durch nationale Parlamente gestärkt und nicht geschwächt", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Offensichtlich habe in Italien in den "unsäglichen Berlusconi-Jahren das Parlamentsverständnis gelitten", so Poß.
Der FDP-Euroskeptiker Frank Schäffler sagte, Europa scheitere nicht an zu viel, sondern an zu wenig Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. "Monti will seine Probleme auf Kosten des deutschen Steuerzahlers lösen und verpackt das in Europa-Lyrik", sagte Schäffler. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle erklärte, für die notwendigen Reformen müsse man "aufpassen, dass Europa ausreichend demokratisch legitimiert bleibt".
Monti hatte vor einem Auseinanderbrechen Europas wegen der Eurokrise gewarnt und von einer "psychologischen Auflösung Europas" gesprochen. Gleichzeitig empfahl er den Regierungschefs, sich ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten in der Krise zu bewahren.
Quelle: ntv.de, DJ/AFP/dpa