Urnengang in Hamburg Alles lief planmäßig
24.02.2008, 17:21 UhrDie Schnur mit dem Kugelschreiber ist das Problem. Das Wählen selbst fällt Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust am Sonntag noch leicht. "Es ist einfacher als Sie denken", ruft der CDU-Politiker den wartenden Journalisten zu - um sich dann derart in der Strippe des Wahlstiftes zu verheddern, dass er fast der Nase lang auf den Teppichboden schlägt. Ansonsten erledigt Beust seine Bürgerpflicht im Eiltempo. In nur 37 Sekunden verteilt er seine zwölf Stimmen auf den Wahlzetteln. SPD-Herausforderer Michael Naumann braucht eine Minute und elf Sekunden länger, bis er seine Wahlscheine in die Urne stecken kann.
Diesmal dauert es trotz Vorübung
Die Hamburger haben am Sonntag erstmals nach einem neuen Wahlrecht entschieden: Konnten sie bisher nur eine Stimme vergeben, so waren es jetzt sechs - eine für eine Partei auf der Landesliste, die anderen fünf für die Kandidaten selbst. Weitere sechs Stimmen hatten die Hansestädter für ihre Bezirksversammlungen, bei der mit den rund 65.000 wahlberechtigten EU-Ausländern 1,3 Millionen Bürger abstimmen durften. Wahlhelferin Iris Neumann-Wenzel warnte deshalb bei der morgendlichen Einweisung die Kollegen in Hamburg-Blankenese schon mal vor: "Das Besondere ist, dass es diesmal ein bisschen länger dauern wird als sonst."
Die Stadt hatte in den Wochen vor der Wahl eine millionenteure Informationskampagne betrieben und allen Haushalten sogar Musterstimmzettel zum Üben geschickt. Landeswahlleiter Willi Beiß wollte unbedingt einen Rekord an ungültigen Stimmen oder Chaos in den 1298 Wahllokalen verhindern. Auch die Parteien selbst haben neben ihren Wahlkampagnen viel Energie in Aufklärung gesteckt, um bei dem erwartet knappen Ausgang zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün keine Stimme zu verlieren.
"Alles easy"
Und die Kampagnen schienen zu funktionieren: So klagte etwa eine Wahlhelferin um 10.30 Uhr am extra eingerichteten Info-Stand in einer Schule in Hamburg-Niendorf über Langeweile: "Ich habe seit acht Uhr erst eine Frage gehabt." Beim Wahlamt der Hansestadt heißt es am Mittag: "Toi, toi, toi. Es läuft alles planmäßig." Auch nahe der Reeperbahn in St. Pauli lautet die Devise: "Alles easy." Nur ein älterer Herr habe sich beklagt, dass er im Eifer des Gefechts auf einem Wahlzettel aus Versehen die falsche Partei angekreuzt hat. Er bekam eine zweite Chance.
Der 76-jährige Hans Metelmann betont: "Nee, Probleme habe ich nicht gehabt." Er habe die Musterstimmzettel zu Hause ausgiebig studiert. Die 25 Jahre alte Studentin Lisa Schäfer in einem Wahllokal in Hamburg-Altona sagt: "Ich dachte, dass es länger dauern würde und komplizierter wäre."
SPD-Kandidat Naumann wählte direkt an der Elbe im vornehmen Blankenese. Punkt acht stand er im Bootshaus vom "Ring der Einzelpaddler", um seine Stimme abzugeben. Anders als Beust, der am Nachmittag nur noch spazieren gehen und mit der Familie Kaffee trinken wollte, machte Naumann noch am Sonntag auf den letzten Drücker Wahlkampf auf dem Hamburger Fischmarkt: "Das ist ein religiöser Feiertag, kein politischer. Da darf man noch weiter reden."
Von Georg Ismar und Markus Klemm, dpa
Quelle: ntv.de