Politik

In nordafrikanische Länder Ampel prüft Verlagerung von Asylverfahren

291104501 (1).jpg

Entscheidend sei, das "Sterben im Mittelmeer" zu reduzieren, so Stamp.

(Foto: picture alliance/dpa/sea-eye)

Seit Jahren steht in der EU die Verlegung von Asylverfahren nach Nordafrika zur Debatte. Das will der Sonderbevollmächtigte für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, nun prüfen. Menschenrechte und die Genfer Flüchtlingskonvention würden dabei beachtet, betont er.

Die Ampel-Regierung will nach Angaben des neuen Sonderbevollmächtigten für Migrationsabkommen, Joachim Stamp, die Verlegung von Asylverfahren nach Afrika prüfen. "Dann würden auf dem Mittelmeer gerettete Menschen für ihre Verfahren nach Nordafrika gebracht werden", sagte der frühere nordrhein-westfälische Integrationsminister der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Das erfordert aber sehr viel Diplomatie und einen langen Vorlauf."

Über Asylverfahren in Afrika wird seit Jahren kontrovers in der EU diskutiert. Der frühere CDU-Innenminister Thomas de Maizière hatte schon 2016 vorgeschlagen, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge künftig in Aufnahmelager in Nordafrika zu bringen und dort ihr Anrecht auf Asyl zu prüfen. Sein Nachfolger Horst Seehofer von der CSU unterstützte "Ausschiffungsplattformen" in nordafrikanischen Ländern, um dort Asylverfahren abzuwickeln.

Realisiert wurden solche Pläne wegen hoher juristischer Hürden und mangelnder Bereitschaft afrikanischer Staaten bisher nie. SPD, FDP und Grüne haben in ihrem Koalitionsvertrag von 2021 aber angekündigt, sie wollten prüfen, "ob die Feststellung des Schutzstatus in Ausnahmefällen" unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention "in Drittstaaten möglich ist".

Keine Abkommen wie unter Boris Johnson

"Wir müssen uns die Entwicklungen in potenziellen Partnerländern genau anschauen", sagte der FDP-Politiker Stamp, der seit dem 1. Februar für die Bundesregierung Migrationsabkommen mit Herkunftsländern von Flüchtlingen aushandeln soll. Es sei klar, dass etwa ein Land wie Libyen in seinem derzeitigen Zustand dafür kein Partner sein könne. "Es geht nicht um einen Schnellschuss, wie ihn der frühere britische Premier Boris Johnson mit Ruanda gemacht hat." Internationale Standards müssten auch in Afrika gewahrt bleiben. "Aber auf dieser Grundlage wollen wir tatsächlich darüber nachdenken."

Großbritannien hatte unter dem früheren Premierminister Boris Johnson ein umstrittenes Abkommen mit dem zentralafrikanischen Ruanda geschlossen, um irregulär eingereiste Flüchtlinge ohne Prüfung des Asylanspruchs in das Land auszufliegen. Dies soll Menschen abschrecken, die Überfahrt über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu unternehmen. Wegen laufender Klagen gegen die Regelung wurde sie aber bisher nicht umgesetzt.

Kooperation mit Herkunftsländern

"Entscheidend ist, dass wir sowohl das Sterben im Mittelmeer und die Pushbacks an den EU-Außengrenzen beenden als auch die irreguläre Migration reduzieren", sagte Stamp. Dazu müsse man den Menschen die "Motivation nehmen, sich überhaupt erst auf die lebensgefährliche Überfahrt einzulassen". Der Sonderbeauftragte forderte, durch "Migrationsabkommen" mit Drittstaaten die irreguläre Einwanderung unter Kontrolle bringen: "Früher gab es von bestimmten Politikern immer wieder steile Ankündigungen über Abschiebungen", sagte er. "Doch die Erfahrung zeigt: Ohne die Bereitschaft der Herkunftsländer, ihre ausreisepflichtigen Bürger wieder zurückzunehmen, passiert gar nichts."

Deutschland solle daher den wichtigsten Herkunftsländern eine bestimmte Anzahl von regulären Visa bieten, sofern diese ihre Verpflichtung einhalten, Straftäter, Gefährder und abgelehnte Asylbewerber umstandslos wieder zurückzunehmen. Außerdem müsse die Kooperation der Behörden untereinander verbessert werden, um schneller abschieben zu können. Zwar sprächen die Leitungen der beteiligten Stellen miteinander, "aber nicht diejenigen, die in der Praxis die Abschiebungen durchführen. Die möchte ich zusammenbringen."

Quelle: ntv.de, mbu/AFP

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen