Politik

Boxershorts über der Prager Burg Anarcho-Künstler ärgern Präsident Zeman

Als Schornsteinfeger bis ins Zentrum der Macht: die Künstlergruppe "Ztohoven".

Als Schornsteinfeger bis ins Zentrum der Macht: die Künstlergruppe "Ztohoven".

(Foto: imago/CTK Photo)

Was darf Kunst? Mit dieser Frage muss sich ein Prager Gericht beschäftigen, weil Mitglieder einer Künstler-Gruppe eine riesige rote Unterhose über dem Präsidentenpalast gehisst hatten. Schnell wird von "Schweinerei" gesprochen und ein Nazi-Vergleich bemüht.

In Tschechien stehen drei Künstler vor Gericht, die im vergangenen Jahr die Fahne des Präsidenten über der Prager Burg gegen riesige rote Boxershorts ausgetauscht hatten. Den Aktivisten der Gruppe "Ztohoven" ("Raus hier!") drohen wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Sachbeschädigung bis zu drei Jahre Haft.

Als "Schornsteinfeger" hatten die drei Künstler das Dach des Präsidentenpalastes erklommen.

Als "Schornsteinfeger" hatten die drei Künstler das Dach des Präsidentenpalastes erklommen.

(Foto: dpa)

Die Beschuldigten erschienen vor Gericht in Schornsteinfeger-Kostümen. "Die westliche Gesellschaft steht auf Werten, die wir verteidigen müssen", sagte einer von ihnen. Unbemerkt vom Sicherheitspersonal waren die Männer am 19. September 2015 auf das Dach des Präsidentenpalastes geklettert. Die rote Unterhose stand nach ihrer Darstellung für einen Präsidenten, "der sich für gar nichts schämt". Die Kritik habe der Russland und China zugewandten Politik Milos Zemans gegolten. Der 71-jährige Politiker steht seit März 2013 an der Spitze Tschechiens.

Die Anarcho-Künstler gaben zu, die Original-Präsidentenfahne entwendet und in genau 1152 Stücke zerschnitten zu haben, als Zeichen der "Dezentralisierung der Macht". Die Stofffetzen hatten sie dann willkürlich an über tausend Haushalte Tschechiens verschickt. "Auf allen Ebenen der Politik lässt sich beobachten, wie sehr der Staat bemüht ist, das Leben der Bürger immer weiter unter Kontrolle zu bringen", teilte die Gruppe mit. Mit ihrer Aktion wollten sie den Menschen "ein Stück ihrer Macht" zurückgeben. Dann sei sie endlich dort, wo sie hingehöre. Ein Stoffstück händigten sie übrigens auch der Richterin aus.

Schornsteinfeger dürfen alles

Vor dem Hissen der "Flagge".

Vor dem Hissen der "Flagge".

(Foto: dpa)

Die Aktion hatte massive Folgen in der Sicherheitsstruktur des Präsidialamtes, weil gravierende Lücken im System offengelegt wurden. Die Künstler waren als Schornsteinfeger verkleidet bis ins Zentrum der tschechischen Macht vorgedrungen und konnten sich dort frei bewegen. Nahezu alle leitenden Beamten, die für die Sicherheit des Präsidenten sorgen sollten, mussten anschließend gehen.

Zemans Sprecher, Jiri Ovcacek, rückte die Aktion der Künstler in die Nähe der Nationalsozialisten: "Zu einer solchen Verunglimpfung der Prager Burg ist es zuletzt am 15. März 1939 gekommen, als dort die Hakenkreuz-Fahne gehisst wurde. Die Taten sind völlig identisch." Sie hätten nicht nur des Präsidenten Fahne verunglimpft, sondern des gesamten tschechischen Volkes. "Das kann nur mit einem Wort bezeichnet werden: Das ist eine Schweinerei", so Ovcacek. Den Namen der Gruppe spricht er übrigens "Sto Hoven" aus, was so viel bedeutet wie "Hundert Scheiße".

Die Mitglieder von "Ztohoven" kamen bisher immer straffrei davon. Ein Prager Amtsgericht hatte eine Verurteilung abgelehnt, was auch in einem Berufungsverfahren bestätigt wurde. Dennoch rollte die Staatsanwaltschaft den Fall wieder auf. Die Gruppe war 2007 erstmals in die Schlagzeilen geraten, als sie eine Atombombenexplosion ins laufende Fernsehprogramm geschaltet hatte.

Quelle: ntv.de, ppo

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