Politik

Israel und Hamas verkünden Pause Angeblich Waffenruhe ab 20 Uhr

Gaza am Abend.

Gaza am Abend.

(Foto: dpa)

Gerade sieht es im blutigen Konflikt zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen nach einer kleinen Annäherung aus, da gibt es in Tel Aviv einen Bombenanschlag auf einen Bus. Mindestens zehn Menschen werden verletzt. Dennoch gibt es einen neuen Versuch einer Waffenruhe: Die Hamas will ab heute Abend den Beschuss einstellen.

Der Bus nach dem Anschlag im Herzen Tel Avivs.

Der Bus nach dem Anschlag im Herzen Tel Avivs.

(Foto: AP)

Der Bombenanschlag auf einen Bus in Tel Aviv hat mindestens zehn Menschen verletzt. "Das war ein terroristischer Anschlag", sagte ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Die meisten Opfer hätten aber nur leichte Verletzungen durch die Bombe erlitten, die in dem Bus explodiert sei. Das Attentat, das erste in Tel Aviv seit sechs Jahren, erschwert die ohnehin schon komplizierten Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen.

Nun verkündet die Hamas allerdings, den Beschuss ab 20 Uhr deutscher Zeit einzustellen. Der ägyptische Außenminister Mohammed Amr sagte, beide Seiten hätten eine Waffenruhe vereinbart. Bei seiner Pressekonferenz war auch US-Außenministerin Hillary Clinton anwesend, die den Beschluss begrüßte.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will der Waffenruhe eine Chance geben. Bei einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama habe der israelische Regierungschef "dessen Empfehlung angenommen, dem ägyptischen Vorschlag über eine Waffenruhe zuzustimmen", heißt es in einer Mitteilung Netanjahus.

Über Nacht hatte Israel mehr als 100 Ziele im Gazastreifen beschossen, während radikale Islamisten von dort aus 31 Raketen auf Israel abfeuerten.

Die Explosion nahe dem Verteidigungsministerium im Herzen Tel Avivs zerstörte die Fensterscheiben des Busses. Drei der Opfer erlitten nach Angaben der Sanitäter schwere Verletzungen. Polizisten durchkämmten die Umgebung auf der Suche nach dem Attentäter, der die Bombe in dem Fahrzeug deponierte, wie der Sprecher Netanjahus erklärte. Medienberichten zufolge wurde ein Mann festgenommen. Der Bus wurde durch die Explosion nicht zerrissen, was auf einen relativ kleinen Sprengsatz hindeutet. "Wir haben keine Hinweise auf einen Selbstmordattentäter", sagte der Polizei-Chef von Tel Aviv, Yoram Ohayon.

Im Gazastreifen sorgte der Anschlag am achten Tag der israelischen Offensive für einen Freudenausbruch. In Gaza-Stadt feuerten viele Menschen aus Begeisterung Freudenschüsse in die Luft, nachdem der Rundfunk über das Attentat berichtet hatte. Im größten Krankenhaus, wo viele Verletzte der israelischen Luftangriffe behandelt werden, wurde Kuchen verteilt. Ein Hamas-Sprecher begrüßte den Anschlag, die Organisation bekannte sich jedoch nicht zu der Tat. Das Attentat sei eine natürliche Reaktion auf das Vorgehen Israels im Gazastreifen, sagte der Hamas-Sprecher. "Die Palästinenser-Gruppen werden zu allen Mitteln greifen, um unsere Zivilisten zu schützen, wenn es die Welt angesichts der israelischen Aggression schon nicht macht." Israel hatte in der Nacht das leere Haus eines hochrangigen Hamas-Beraters bombardiert. Nach Angaben von Anwohnern war es das erste Mal, dass Israel nicht nur auf die militärische Führung der Organisation, sondern auch auf deren politischen Flügel zielte.

Hamas im Aufwind

Israels Wirtschaftsmetropole Tel Aviv war zuletzt im April 2006 Ziel eines Bombenanschlags gewesen, als ein palästinensischer Selbstmord-Attentäter elf Menschen an einem Imbiss in der Nähe des alten Busbahnhofs tötete. Die Hamas hatte in der vergangenen Woche mindestens vier Raketen auf die Küstenstadt abgefeuert, sie richteten jedoch keinen Schaden an.

Der Anschlag in Tel Aviv erschwert die Verhandlungen über eine Waffenruhe in dem Konflikt, die gerade in einer entscheidenden Phase stecken. Ägyptische Geheimdienstler wollten erneut mit Anführern der Hamas und der Gruppe Islamischer Dschihad beraten. "Möglicherweise gibt es eine Nachricht von Israel, die die ägyptischen Unterhändler den Vertretern von Hamas und Islamischem Dschihad präsentieren wollen", hieß es vorher. "Lassen Sie uns hoffen, dass es etwas ist, das die Palästinenser-Gruppen akzeptieren können."

Die Umbrüche des Arabischen Frühlings haben die Hamas beflügelt: Sie genießt das Wohlwollen der neuen islamistischen Regierungen und steht auch bei den sunnitischen Golfstaaten hoch im Kurs, die die Gruppe von ihren Beziehungen zum schiitischen Iran abbringen wollen. Der offizielle Vertreter der Palästinenser dagegen, Präsident Mahmud Abbas im Westjordanland, scheint zunehmend an Einfluss zu verlieren.

Die Eckpunkte eines Abkommens zwischen Israel und der Hamas sehen einem Bericht der israelischen Zeitung "Yedioth Ahronoth" zufolge vor, dass Ägypten eine 72-stündige Waffenruhe verkündet mit anschließenden Verhandlungen über eine langfristige Lösung. Danach würde Israel das Feuer einstellen, die Angriffe auf hochrangige radikale Islamisten beenden und Gespräche darüber versprechen, wie sich die Blockade des Gazastreifens lockern ließe. Die Hamas würde sich im Gegenzug verpflichten, die Raketenangriffe auf Israel zu stoppen und dafür zu sorgen, dass auch die übrigen Palästinenser-Gruppen dies befolgten. In israelischen Regierungskreisen hieß es, die Verhandlungen stockten derzeit, weil die Hamas eine komplette Aufhebung der Blockade verlange. Nach Angaben aus Hamas-Kreisen will die Gruppe auch die Kontrolle über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten erhalten. Israel wirft der Hamas vor, sie wolle sich Waffen vom Iran beschaffen und diese über die ägyptische Grenze in den Gazastreifen schmuggeln.

Quelle: ntv.de, che/rts

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