Schuhwurf in Chinas Fernsehen Angreifer ein Deutscher?
03.02.2009, 17:43 UhrChinas Regierung hat empört gegen den "verabscheuungswürdigen" Schuhwurf auf Ministerpräsident Wen Jiabao bei einer Rede in der britischen Universitätsstadt Cambridge protestiert. Das chinesische Staatsfernsehen zeigte den Zwischenfall in einem längeren Filmbericht in den landesweiten Abendnachrichten. Die staatlich kontrollierten Medien hatten den Schuhwurf, der an eine ähnliche Attacke auf den früheren US-Präsident George W. Bush in Bagdad erinnerte, allerdings zuvor den ganzen Tag über verschwiegen.
Der 27 Jahre alte Schuhwerfer muss sich nächste Woche vor einem britischen Gericht verantworten. Ihm wird Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen. Angaben zur Nationalität des Mannes machte die britische Polizei nicht. Medien spekulierten, dass es sich um einen Deutschsprachigen handeln könnte. Mehrere Zeitungen wollen in den lautstarken Protesten, die dem Wurf vorangegangen waren, einen deutschen Akzent erkannt haben. Die Zeitung "Daily Mail" schreibt ausdrücklich, dass es sich um einen Deutschen handelt, ohne allerdings eine Quelle zu nennen.
Der Mann war während der Rede Wens aufgestanden, hatte einen Turnschuh in Richtung des Ministerpräsidenten geworfen und gerufen: "Das ist ein Skandal. Wie könnt ihr den Lügen dieses Diktators zuhören?"
Von Protesten begleitet
Der Turnschuh hatte Wen Jiabao nicht getroffen, sondern war ein Stück entfernt gelandet. Der Regierungschef kommentierte: "Diese verachtenswerte Tat kann die Freundschaft zwischen dem chinesischen und britischen Volk nicht aufhalten." Der Schuhwerfer hatte sich nach seiner Aktion widerstandslos festnehmen lassen. Nach Angaben der Polizei sprach er Englisch mit einem europäischen Akzent. Das Vereinigte Königreich war die letzte Station von Wens Europareise, die ihn auch nach Deutschland geführt hatte. Während seines dreitägigen Besuches in Großbritannien war es wiederholt zu Protesten gegen Chinas Tibet-Politik gekommen.
Das Außenministerium in Peking protestierte gegen den "Zwischenfall", wie der Schuhwurf in den amtlichen chinesischen Medien zunächst nur bezeichnet wurde. "Ein Mann hat verzweifelt versucht, die Ordnung im Saal und die Rede zu stören. Sein Verhalten stieß auf energischen Widerstand des ganzen Publikums. Er wurde ausgebuht und abgeführt", erklärte das Ministerium in seiner Version der Protestaktion, ohne den Schuhwurf selbst zunächst zu erwähnen.
Da das Außenministerium die ähnliche Attacke auf US-Präsident Bush im Dezember noch humorvoll kommentiert hatte, verteidigte Sprecherin Jiang Yu auf Journalistenfragen sowohl die jetzige Empörung als auch die damalige Reaktion im Fall von Bush als "angemessen". Zu dem Schuhwurf auf den US-Präsidenten hatte der damalige Sprecher auf einer Pressekonferenz vor ausländischen Journalisten gesagt: "Ich sollte nicht nur auf jene achten, die ihre Hand heben, sondern auch auf solche, die ihre Schnürsenkel aufschnüren." Den Satz wertete Chinas Staatsagentur Xinhua später als Beweis für den besonderen Humor des Leiters der Informationsabteilung des Außenministeriums.
Quelle: ntv.de