Ovationen für den "Cavaliere" Anhänger demonstrieren für Berlusconi
04.08.2013, 21:39 Uhr
Schluss mit der politischen Justiz", fordern Berlusconis Anhänger.
(Foto: dpa)
Berlusconi will bleiben. Aufgeben? Daran denkt der 76-Jährige gar nicht. Auch nicht jetzt, obwohl er erstmals rechtskräftig verurteilt ist. Er sieht sich als Opfer der Justiz. Mit der Auffassung ist er nicht allein. Seine Anhänger feiern ihn "Märtyrer der Freiheit". Die Zukunft der Regierung in Italien ist ungewiss.
Nach der Verurteilung von Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi wegen Steuerbetrugs versucht seine Partei mit allen Mitteln eine Begnadigung für ihre Leitfigur zu erreichen. Die Abgeordneten und Minister seiner Partei Volk der Freiheit (PdL), die Mitglied der Regierungskoalition ist, drohten mit Rücktritt. Indes versammelten sich etwa tausend Unterstützer des Skandal-Politikers zu einer Demonstration vor seinem Haus in Rom.
Die Anhänger feierten den 76-Jährigen als "Märtyrer der Freiheit" und verlangten: "Schluss mit der politischen Justiz". Als Berlusconi sich zeigte, wurde er von der Menge mit Ovationen empfangen.
Ihre Nähe und Unterstützung entschädigten ihn für den Schmerz und das große Leid der vergangenen Tage, rief der "Cavaliere" seinen Anhängern zu. Er bezeichnete sich erneut als unschuldig und damit als Opfer der Justiz. Zudem sagte Berlusconi kämpferisch: "Hier bin ich und hier bleibe ich."
Zugleich bekräftigte Berlusconi jedoch, die Regierung müsse ihren Weg gehen. "Die Regierung muss weiter Wirtschaftsmaßnahmen ergreifen, und wir haben klar und deutlich gesagt, dass das Parlament voranschreiten muss, um für diese Maßnahmen zu stimmen", rief Berlusconi seinen Anhängern zu.
Zu der Demonstration für Berlusconi am Sonntag waren 500 Busse aus ganz Italien erwartet worden. Anders als zunächst angekündigt nahmen zwar einige Abgeordnete, aber keine Minister daran teil, um "Instrumentalisierungen zu vermeiden", wie Verkehrsminister Maurizio Lupi sagte.
Minister drohten mit Rücktritt
Ein Kassationsgerichtshof in Rom hatte am Donnerstag letztinstanzlich eine auf zwölf Monate reduzierte Haftstrafe wegen Steuerbetrugs gegen Berlusconi bestätigt. Ein fünfjähriges Ämterverbot verwies er aber zur Neuverhandlung an ein Berufungsgericht zurück.

Berlusconi sonnt sich in der Anwesenheit seiner Anhänger. Ihre Unterstützung entschädige ihn für das Leid, das ihm widerfahren sei, sagt er.
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In dem Prozess ging es um Steuerbetrug rund um Berlusconis Firma Mediaset. Das Unternehmen soll Schwarzgeldkonten im Ausland unterhalten und Preise für Filmübertragungsrechte künstlich in die Höhe getrieben haben. Der Anklage zufolge erwarben Scheinfirmen die Rechte und verkauften sie an Mediaset zurück. Dem Fiskus sollen dadurch sieben Millionen Euro entgangen sein. Berlusconi wusste nach Überzeugung des Gerichts Bescheid.
Aus Protest gegen die Verurteilung hatten die Abgeordneten von Berlusconis Partei am Tag danach ihren Rücktritt angekündigt. Die PdL-Parlamentarier übermittelten ihren jeweiligen Fraktionschefs in beiden Parlamentskammern Rücktrittsgesuche, mit denen die Fraktionschefs laut Medienberichten zu Präsident Giorgio Napolitano gehen und eine Begnadigung Berlusconis fordern sollen. "Wenn es darum geht, unsere Ideale zu verteidigen, sind wir zum Rücktritt bereit", sagte Parteichef Angelino Alfano.
PdL-Senator warnt vor Bürgerkrieg
Mit ihren Forderungen nach einer Amnestie und der Androhung von Konsequenzen befeuerten PdL-Politiker Ängste vor einer erneuten Regierungskrise. "Entweder schafft es die Politik, Lösungen zu finden, oder Italien riskiert wirklich eine Form des Bürgerkriegs mit ungewissen Folgen für alle", sagte PdL-Senator Sandro Bondi, der viel Kritik für seine Aussage bekam.
Das Kabinett von Regierungschef Enrico Letta wird von einer Koalition aus Berlusconis konservativer PdL und der linken Demokratischen Partei (PD) getragen. Sollten die PdL-Politiker ihre Drohung wahr machen, wäre die Regierung in dem Krisenland am Ende. Berlusconis Partei stellt fünf Minister, der 76-Jährige selbst ist nicht Kabinettsmitglied.
Napolitano, der am Wochenende aus seinem Urlaub in Südtirol zurückgekehrt war, äußerte sich zunächst nicht, ein Sprecher verurteilte die Bürgerkriegs-Äußerungen Bondis jedoch als "unverantwortlich". Der Staatspräsident telefonierte sowohl mit Letta als auch mit den Parteichefs Alfano und Guglielmo Epifani von der PD.
Regierungschef Letta hatte die Parteien zur Vernunft aufgerufen und an ihre Verantwortung appelliert. Seine Partei kritisierte die Berlusconi-Vertrauten für ihre Drohungen. "Von der PdL kommen beängstigende Vorschläge: Den Staatspräsidenten um eine Sache wie Begnadigung zu bitten, heißt, ihn unter unrechtmäßigen Druck zu setzen", kritisierte Parteichef Epifani.
Quelle: ntv.de, hah/dpa/AFP