Politik

"Totaler Krieg" in Syrien möglich Annan malt Horrorszenario

Trauernde vor den Leichnamen von elf Männern, die auf ihrem Weg zur Arbeit getötet worden sein sollen.

Trauernde vor den Leichnamen von elf Männern, die auf ihrem Weg zur Arbeit getötet worden sein sollen.

(Foto: AP)

Das Massaker in Hula offenbart aller Welt, wie katastrophal die Lage in Syrien ist. Tag für Tag werden Zivilisten abgeschlachtet, nichts kann bislang das Blutvergießen stoppen. Der internationale Sondergesandte Annan befürchtet das Schlimmste. Die syrische Opposition sieht Russland als Teil des Problems.

Der internationale Sondergesandte Kofi Annan hat vor dem Abgleiten Syriens in einen ungezügelten Krieg gewarnt. "Das Gespenst eines totalen Krieges mit einer alarmierenden sektiererischen Dimension wächst jeden Tag", sagte Annan bei einem Treffen der Arabischen Liga in Doha. Zusammen mit den Vereinten Nationen steht die Arabische Liga hinter dem Friedensplan, der das Blutvergießen in Syrien stoppen sollte.

Das US-Außenministerium veröffentlichte unterdessen , die Massengräber in der Nähe der Stadt Hula zeigen sollen, in der bei einem in der vorigen Woche mehr als 100 Menschen getötet wurden. Die Fotos der Massengräber seien Anfang der Woche von kommerziellen Satelliten aufgenommen worden, hieß es auf einer Internetseite, die von einer Abteilung des US-Außenministeriums betrieben wird. Zudem seien Krater von Artilleriegeschossen in der Nähe von Wohngebieten der Stadt Atarib zu erkennen. Auch sei offensichtlich zu sehen, dass Artillerie-Einheiten in die Umgebung dreier Städte und Kampfhubschrauber in die Nähe von Homs und Schairat verlegt worden seien. Eine Stellungnahme Syriens lag nicht vor.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London wurden bei Razzien der Sicherheitskräfte und Kämpfen mit den Rebellen mindestens 27 Menschen getötet, darunter mehrere Zivilisten. Bei Damaskus wurden demnach acht Soldaten getötet. Acht Tote gab es außerdem bei anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Assads in der Stadt Tripoli im benachbarten Libanon.

Das syrische Militär und die Rebellen werfen sich gegenseitig vor, immer wieder die von dem UN-Sondergesandten Kofi Annan ausgehandelte Waffenruhe zu verletzen. Bei dem Massaker in Hula wurden die meisten Opfer aus nächster Nähe erschossen oder mit Messern getötet. Den UN-Beobachtern zufolge sind vermutlich Soldaten und eine regierungstreue Miliz dafür verantwortlich. Einige Opfer seien durch schwere Waffen wie Panzer und Haubitzen ums Leben gekommen, über die nur das Militär verfüge. Die meisten anderen seien wohl von Milizionären aus der Gefolgschaft von Präsident Baschar al-Assad umgebracht worden. Die syrische Regierung macht dagegen die Rebellen für das Massaker verantwortlich. Russland vermutet Islamisten dahinter.

Opposition: Moskau ist Teil des Problems

Ein Glas halb voll, das andere halb leer: Putin bei Merkel.

Ein Glas halb voll, das andere halb leer: Putin bei Merkel.

(Foto: dpa)

Ein Vertreter des in sich gespaltenen Syrischen Nationalrates, der sich als Sprecher der syrischen Opposition versteht, nannte einen Teil des Problems. "Mit der anhaltenden Unterstützung des Regimes und Assads ist Russland mehr zu einem Teil des Problems als zu einem Teil der Lösung geworden", sagte Burhan Ghaliun. "Wenn Russland kooperiert und dabei hilft, einen Weg zu finden, damit Assad geht, dann wird es zu einem Teil der Lösung werden." Er forderte die arabischen Staaten zu einer militärischen Intervention auf. Die syrische Opposition werde zur Überwindung ihrer Uneinigkeit vor Monatsende einen Kongress abhalten.

Scheich Hamad bin Dschassim al-Thani, der Ministerpräsident von Katar, verlangte von Annan, ein zeitliches Limit für seine Mission zu setzen. Zugleich rief er den UN-Sicherheitsrat auf, Annans Friedensplan nach dem Kapital 7 der UN-Charta zu voranzutreiben, was den Einsatz von Gewalt legitimieren könnte. Katar hatte schon früher für die Bewaffnung der aufständischen Sunniten in Syrien gegen das alevitische Regime Assads plädiert.

Die Arabische Liga forderte den UN-Sicherheitsrat als Reaktion auf das Massaker von Hula zu einer Aufstockung der Beobachtertruppe in Syrien auf. Zudem müssten die UN-Beobachter mehr Befugnisse erhalten, um die Zivilbevölkerung vor Gewalttaten und Verbrechen zu schützen, hieß es in einem Brief des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Nabil Elaraby. Der Sicherheitsrat müsse schnell handeln, um die Gewalt in Syrien zu stoppen und alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Zivilisten ergreifen.

Vor allem die Formulierung "alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der syrischen Zivilisten" dürfte bei der russischen Regierung auf Ablehnung stoßen. Denn der Sicherheitsrat hatte im vergangenen Jahr mit einem Beschluss mit ähnlicher Wortwahl dem militärischen Eingreifen der Nato im den Weg geebnet. Russland hatte zwar damals nicht sein Veto eingelegt, den Nato-Einsatz seither aber immer wieder kritisiert und wiederholt erklärt, Syrien dürfe nicht zu einem zweiten Libyen werden.

Nach dem Massaker in der Kleinstadt Hula mit in der vorigen Woche hatte der französische Präsident Francois Hollande als erster westlicher Spitzenpolitiker eine militärische Intervention mit UN-Mandat ins Spiel gebracht. Bei bilateralen Treffen am Freitag konnten weder Hollande noch Kanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu einem gegen Assad bewegen.

Quelle: ntv.de, rts/AFP

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