"Ich habe schon gewonnen" Snowden sieht Mission erfüllt
24.12.2013, 08:05 Uhr
Er habe der Gesellschaft eine Chance geben wollen, selbst herauszufinden, ob sie sich ändern wolle, sagt Snowden.
(Foto: REUTERS)
Vor gut sechs Monaten veröffentlich Edward Snowden die ersten Informationen über die Arbeit der US-Behörden. Mit den weiteren Enthüllungen tritt er eine weltweite Welle der Empörung über das Vorgehen der Geheimdienst los - genau wie von ihm erhofft.
Ein halbes Jahr nach den ersten Geheimdienst-Enthüllungen sieht sich Edward Snowden in seinem Vorgehen bestätigt und betrachtet seine Aufgabe als erledigt. "Ich habe bereits gewonnen", sagte der US-Zeitung "Washington Post". Nachdem die Journalisten ihre Arbeit aufgenommen hätten, sei alles, was er vorgehabt habe, bestätigt worden. Denn er habe nicht die Gesellschaft ändern wollen.
Vielmehr habe er der Gesellschaft eine Chance geben wollen, selbst herauszufinden, ob sie sich ändern wolle, sagte Snowden weiter. Schließlich habe die Kontrolle der NSA auf jeder Ebene versagt. "Für mich ist die Mission, was persönliche Befriedigung angeht, schon erfüllt."
Internationaler Haftbefehl
Der IT-Spezialist Snowden arbeitete als Angestellter des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton für die NSA und hatte Zugriff auf vertrauliche Informationen über die Spähprogramme des Geheimdienstes. Ende Mai setzte er sich mit den Geheimdokumenten von seinem damaligen Dienstort Hawaii in die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong ab.
Dort begann er Anfang Juni damit, Unterlagen über die systematische Überwachung des Internets und das Ausspähen von Telefonverbindungen an die US-Zeitung "Washington Post", den britischen "Guardian" und andere Medien weiterzugeben. Dabei wurde unter anderem enthüllt, dass der US-Geheimdienst flächendeckend Internet-Daten aufsaugt und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgehört wurde.
Die Enthüllungen der Überwachungsaktivitäten sorgten weltweit für Empörung. Die US-Justiz erließ gegen Snowden einen internationalen Haftbefehl wegen Spionage. Er floh nach Russland. Am 1. August gewährte ihm Moskau vorläufig für ein Jahr Asyl.
"Will NSA besser machen"
Snowden hält sich derzeit an einem unbekannten Ort in Russland auf. Ein Reporter der Zeitung hatte ihn in der Hauptstadt Moskau getroffen. Das Gespräch führte der "Washington Post"-Reporter Barton Gellman. Diesem hatte Snowden NSA-Unterlagen zur Veröffentlichung zukommen lassen. Während des zweitägigen Gesprächs in Moskau sei Snowden "entspannt und munter" gewesen, berichtete Gellman.
Zugleich wehrte sich der 30-Jährige gegen den Vorwurf der Illoyalität. "Ich versuche nicht, die NSA kaputt zu machen; ich arbeite daran, die NSA zu verbessern", sagte er. "Ich arbeite momentan noch immer für die NSA. Sie sind die Einzigen, die es nicht bemerken."
US-Präsident Barack Obama hatte Snowdens Enthüllungen Ende vergangener Woche als "unnötigen Schaden" für die Geheimdienstarbeit und die Diplomatie bezeichnet. Zugleich räumte er aber ein, die Datensammlung und die Abhöraktionen der NSA hätten das Vertrauen von Amerikanern und ausländischen Partnern erschüttert.
Experten hatten Obama jüngst 46 Änderungsvorschläge zur Geheimdienstarbeit unterbreitet, darunter eine stärkere Zurückhaltung bei der Überwachung ausländischer Staatslenker. Der US-Präsident kündigte an, das Thema im kommenden Jahr angehen zu wollen.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/AFP