Syrische Abrüstung im Schneckentempo Assad verschleppt Giftgas-Vernichtung
03.03.2014, 17:17 Uhr
(Foto: dpa)
Eine Abrüstungsoperation mitten im Bürgerkrieg ist schwierig. Doch die Experten der Anti-Chemiewaffen-Organisation haben den Eindruck gewonnen, dass der syrische Präsident Assad die Vernichtung seiner Giftgas-Vorräte außerdem verschleppt.
Als Präsident Baschar al-Assad vor einem halben Jahr der Zerstörung der syrischen Chemiewaffen zustimmte, stand ihm das Wasser bis zum Hals. Die USA drohten mit einem Militärschlag. Die Rebellen hatten große Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Inzwischen hat Assad die Rebellen mit Hilfe schiitischer Milizen aus einigen Gebieten vertrieben. Der syrische Machthaber gilt - zumindest was die Vernichtung der Chemiewaffen angeht - als nützlicher Partner. Allerdings schreitet die vereinbarte Abrüstung nur im Schneckentempo voran. Bisher wurden lediglich 17,2 Prozent der gefährlichsten Stoffe im Land zerstört oder für die Zerstörung außerhalb Syriens verschifft.
Die Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) klagt über immer neue Verschleppungstaktiken des Regimes. Der OPCW-Exekutivrat, der am Dienstag in Den Haag zusammenkommt, will sich am Mittwoch mit Syrien befassen. Möglicherweise steigt der Druck auf Assad danach wieder. Denn die westlichen Staaten, die nach dem Chemiewaffen-Einsatz 2013 die Vernichtung des Giftgas-Arsenals des syrischen Regimes gefordert hatten, verlieren langsam die Geduld.
"Die Auslöschung des Chemiewaffen-Programms der Syrischen Arabischen Republik ist an einem entscheidenden Punkt angelangt", heißt es in dem jüngsten Bericht der OPCW an den UN-Sicherheitsrat. Das ist Diplomatensprache für: Wenn jetzt nichts geschieht, dann geht es schief.
Gefährliche Kampfstoffe noch im Krisengebiet
Die Produktionsanlagen für Chemiewaffen sind zwar bereits alle zerstört. Doch der größte Teil der gefährlichsten Kampfstoffe ist noch im Krisengebiet. Diese rund 600 Tonnen Chemikalien sollen auf der "Cape Ray" der US-Marine im Mittelmeer neutralisiert werden. Die Syrer müssen sie vorher jedoch zum Hafen bringen, damit sie sicher außer Landes geschafft werden können.
Dies hätte eigentlich bis zum 5. Februar passiert sein sollen. Doch die Syrer ließen die Frist verstrichen. Bisher wurden nur vier von insgesamt 31 Transporten im Hafen Latakia auf dänische und norwegische Frachter verschifft. Syrien begründet die Verzögerung mit den andauernden Kämpfen. Zwei Transporte seien angegriffen worden, heißt es in dem Bericht an den UN-Sicherheitsrat. Doch Einzelheiten dazu fehlen.
Giftgas wird im Schneckentempo gefahren
Unabhängige Beobachter vermuten ohnehin, dass Assad den Abrüstungsprozess absichtlich verlangsamt. Denn solange sein Regime für den Abtransport der Kampfstoffe gebraucht werde, sei ein ausländischer Angriff extrem unwahrscheinlich. "Assad sieht die Chemiewaffen als Garantie für seinen Verbleib an der Macht an", vermutet auch der Sprecher der oppositionellen Nationalen Syrischen Allianz, Luai al-Safi. Er rechnet deshalb damit, dass Assad noch weitere Vorwände finden wird, weshalb das Giftgas nur im Schneckentempo zum Hafen gebracht werden kann.
Doch die UN und die OPCW wollen sich mit den Einwänden und Entschuldigungen des Regimes in Damaskus nicht länger zufriedengeben. Syrien müsse "seine Anstrengungen intensivieren und beschleunigen", fordert die OPCW. Unter internationalem Druck hat Syrien jetzt einen neuen Zeitplan vorgelegt. Bis zum 13. April will es die gefährlichsten Kampfstoffe komplett verschifft haben.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa