Politik

CDU-Debatte Atomkraft, aber nur ein bisschen

Die CDU fordert längere Laufzeiten von Atomkraftwerken, will jedoch nicht für einen Ausbau der Kernenergie werben. "Es geht weder um neue Kernkraftwerke, noch um die Frage, dass wir isoliert einen Energieträger in den Mittelpunkt irgendeiner Auseinandersetzung stellen", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nach einer Telefonkonferenz der Parteispitze. Die CDU werbe für einen breiten Energiemix. Die Atomkraft werde als Brückentechnologie gebraucht, bis andere Energietechnologien ausreichend zur Verfügung stünden.

Die Absage an den Neubau von Atomkraftwerken werde im Präsidium einvernehmlich getragen, sagte Pofalla. In den vergangenen Tagen hatten Unionspolitiker wie Parteivize Christian Wulff vor einer isolierten Wahlkampfkampagne zugunsten der Atomkraft gewarnt. Zugleich bekräftigte die CDU-Führung die Absage an eine Festlegung des Atomausstiegs im Grundgesetz, wie dies in SPD gefordert wird. In der Verfassung gehe es um grundlegende Dinge. "Wir regeln dort nicht, wie wir den Strom erzeugen", sagte Pofalla.

Durch Atomstrom billigere Strompreise?

Das von der rot-grünen Bundesegierung beschlossene Ausstiegsgesetz sieht vor, dass bis 2021 alle 17 noch laufenden Atommeiler nach und nach vom Netz gehen. Die Union will dagegen die Laufzeiten verlängern. Im Gegenzug sollen die Konzerne die zusätzlichen Gewinne "zu einem beachtlichen Teil" zur Senkung der Strompreise und für Erforschung erneuerbarer Energien einsetzen. Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, hatte in der vergangenen Woche gegenüber n-tv.de eine Vereinbarung mit der Stromindustrie "auf der Basis von Freiwilligkeit" gefordert, um sicherzustellen, dass die Energieversorger nach einem etwaigen Ausstieg aus dem Atomausstieg ihre daraus resultierenden Gewinne an die Verbraucher weitergeben.

Experten zweifeln, ob ein Ausstieg aus dem Atomausstieg Strom billiger machen würde. "Die Strompreise werden durch das so genannte Grenzkraftwerk bestimmt, also durch das Kraftwerk, das gerade noch eingesetzt werden muss, um die letzte nachgefragte Kilowattstunde zu erzeugen", erläuterte Manfred Fischedick gegenüber n-tv.de. "Das ist ein marktwirtschaftliches Prinzip, daran wird man auch durch eine Laufzeitverlängerung nichts ändern."

Die Junge Union fordert, dem Bau neuer Kernkraftwerke zuzustimmen, wenn die Industrie dies wünschen sollte. Auch CSU-Chef Erwin Huber und CDU-Politiker wie Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Werner Marnette hatten den Bau neuer Reaktoren nicht ausgeschlossen.

1200 neue Kernkraftwerke?

Die SPD bekräftigte ihr Festhalten am Atomausstieg. Generalsekretär Hubertus Heil stellte ein Plakat einer neuen SPD-Kampagne mit dem Titel vor: "Schon vergessen? Sicher ist nur der Ausstieg." Es sei Unfug zu behaupten, Atomkraft könne zu niedrigeren Energiepreisen in Deutschland führen. Für einen spürbaren Beitrag zur Klimaentlastung müsse weltweit die unrealistische Zahl von 1200 neuen Kraftwerken gebaut werden. Längere Laufzeiten der Atommeiler sorgten für mehr Profite, verhinderten aber Investitionen in Energieformen der Zukunft.

Die Internationale Energie-Agentur hatte erklärt, weltweit müssten zwischen 2010 und 2050 pro Jahr 32 Kernkraftwerke gebaut werden, um den Anteil der Kernenergie an der Stromversorgung spürbar zu erhöhen.

Grüne bedanken sich

Die Grünen wollen sich bei der Bundestagswahl 2009 als Partei mit konsequentem Anti-Atom-Kurs und als Vorkämpfer für günstige Energieversorgung empfehlen. Im Wahlkampf gehe es auch aus marktwirtschaftlichen Gründen um eine Mehrheit für den Atomausstieg, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer. Die Stromkonzerne versuchten mit ihren Forderungen zur Atomkraft derzeit, ihre Macht über die Energieversorgung für die Zukunft zu zementieren. Bütikofer mahnte: "Billiger wird Energie durch Wettbewerb - nicht die Zementierung des Oligopols." Für den Verbraucher brächten längere Laufzeiten kaum Vorteile im Geldbeutel. Hohe Sicherheitsrisiken kämen hinzu.

Die Grünen wollten nicht nur die Argumente der Atomkraft-Anhänger widerlegen, kündigte der Parteichef an. "Die Zukunftsdebatte spielt an anderer Stelle." So springe die Koalition im Ringen um eine Dämpfung der Energiekosten für die Verbraucher zu kurz, etwa Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit jüngsten Überlegungen über einen Sozialausgleich. Kostendämpfung könne bei steigenden Preisen nachhaltig nur durch forciertes Energiesparen erreicht werden, sagte Bütikofer. Er forderte etwa ein neues Recht für Mieter, vom Vermieter eine Haussanierung nach neuestem Stand beim Energieverbrauch einzufordern. Mieterhöhungen, die die Vermieter im Gegenzug verlangen könnten, seien dann geringer als die Ersparnisse bei den Nebenkosten.

Der Fraktionschef im Bundestag, Fritz Kuhn, erteilte im ZDF möglichen schwarz-grünen Bündnissen im Fall einer längeren Nutzung der Atomenergie eine Absage.

Linke für Ausstieg

Die Linke lehnt eine längere Laufzeit der deutschen Atomkraftwerke ausdrücklich ab. "Wir halten an dem vereinbarten Atomausstieg fest", versicherte Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Von längeren Laufzeiten profitierten ausschließlich die vier großen Stromkonzerne. Schon jetzt gebe es aber zu wenig Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Zugleich warnte Bartsch allerdings davor, das Grundgesetz mit dem Thema Atomausstieg zu "überfrachten".

In der Debatte um die gestiegenen Öl- und Gaspreise warb Bartsch für eine "Energie-Grundsicherung". So könne man über spezielle Stromkontingente nachdenken, die Familien verbilligt oder kostenlos zur Verfügung gestellt würden. Darüber hinaus forderte er, die Stromnetze in öffentliches Eigentum zu überführen. Die Entgelte, die die die Energiekonzerne für die Nutzung ihrer Netze verlangten, machten bereits ein Drittel des Strompreises aus.

Quelle: ntv.de

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