Noch ein Tausch mit Israel Auch Ägypten will Gefangene
16.10.2011, 16:19 Uhr
Ilan Grapel auf einem Foto von 2006. Er war im Zweiten Libanonkrieg verwundet worden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Gefangenendeal zwischen Israel und der Hamas hat Ägypten auf eine Idee gebracht. 81 Ägypter sitzen in israelischen Gefängnissen. Sie sollen nun freigegeben werden. Im Tausch darf der vor vier Monaten in Kairo festgenommene "Spion" Ilan Grapel nach Israel zurückkehren.
Neben dem großen Gefangenendeal zwischen Israel und der Hamas, bei dem Soldat Gilad Schalit gegen 1027 palästinensische Gefangene ausgetauscht werden soll, bahnt sich gemäß einem Bericht der ägyptischen Zeitung Al-Ahram auch ein Tausch zwischen Israel und Ägypten an - eine Art "Nebeneffekt".
"Für Ägypten als führende arabische Nation und als Garant des Friedens gibt es keine Alternative" sagte Amos Gilad, Leiter der politischen Abteilung des israelischen Verteidigungsministeriums. Er lobte überschwänglich die "unersetzbare Rolle" Ägyptens bei der Vermittlung zwischen Israel und der Hamas.
81 gegen einen
In israelischen Gefängnissen sitzen 81 Ägypter, überwiegend Schmuggler und illegale Grenzgänger, aber keine "Terroristen". Sie sollen nun gegen den vor vier Monaten in Kairo festgenommenen "Spion" Ilan Grapel freigegeben werden. Da der 27 Jahre alte Student Grapel Doppelstaatler ist und die amerikanische wie israelische Staatsbürgerschaft besitzt, haben sich die Amerikaner konsularisch um ihn gekümmert.
In Israel hatte man gehofft und erwartet, dass der amerikanische Verteidigungsminister Leon Panetta ihn bei seinem Besuch in Kairo Anfang Oktober ausfliegen dürfte. Grapel war in Ägypten verhaftet worden wegen "Spionage" und Anstiftung zu Unruhen auf dem Tahrir Platz. Der Verdacht fiel auf ihn, weil er auf seinen Facebook-Seiten Fotos aus seiner Zeit als Soldat in Israel veröffentlicht hatte. Genau aus diesem Grund gilt in Israel der Spionageverdacht gegen Grapel als "lächerlich".
Und Ouda Tarabin?
Die Nachricht über die mögliche Freilassung Grapels hat den Anwalt des israelischen Beduinen Ouda Tarabin im Rundfunk zu einem wütenden Aufruf an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu veranlasst. Der damals 19 Jahre alte Beduine hat 1999 die Grenze zu Ägypten illegal überschritten, um seine Schwester im Sinai zu besuchen. Er wurde gefangen und der "Spionage" bezichtigt. Ohne jemals die Anklageschrift gesehen zu haben oder sich vor Gericht verteidigen zu können, wurde er zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Auch Oudas Vater, Suleiman Tarabin, und stellvertretende Minister Ajoub Kara riefen Netanjahu auf, sich um den seit 11 Jahren im Gefängnis in Kairo einsitzenden Beduinen genauso intensiv zu kümmern wie um den in den Gazastreifen verschleppten Soldaten Gilad Schalit.
Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 1970er Jahre aus der Region. Er ist immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.
Quelle: ntv.de