Politik

"Vollbeschäftigung" Auch Rürup glaubt daran

Der Wirtschaftsexperte Bert Rürup hält eine Arbeitslosenquote von vier Prozent in Deutschland innerhalb der kommenden zehn Jahre für möglich. Unter diesen Umständen würde man von Vollbeschäftigung sprechen, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ("Wirtschaftsweise") der "Westdeutschen Zeitung" in Düsseldorf. Damit unterstützte er eine entsprechende These des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck und seines Stellvertreters an der Parteispitze, Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

Voraussetzung sei allerdings, dass die Arbeitsmarktreformen fortgesetzt würden, sagte Rürup. Er warnte die große Koalition davor, die "Reformdividenden" der rot-grünen Vorgängerregierung zu "verfrühstücken". Die branchenspezifischen Mindestlöhne und die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für Ältere bezeichnete Rürup als "Sünden". Vor allem die Verlängerung des Arbeitslosengeldes könne im nächsten Abschwung "bittere Folgen" haben - "in Form einer schneller steigenden Arbeitslosigkeit der älteren Arbeitnehmer und deren längerer Verweildauer in der Arbeitslosigkeit".

Der "Wirtschaftsweise" forderte für die nächste Legislaturperiode "eine Nachfolgerin der Agenda 2010". Dazu sollten die Möglichkeit für betriebliche Bündnisse für Arbeit gehören, ein flexiblerer Kündigungsschutz sowie eine Weiterentwicklung des Arbeitslosengeldes II zu einem wirksamen Kombilohn.

"Vollbeschäftigung" weckt falsche Hoffnung

Klaus Dörre, Professor für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie in Jena, hält den Begriff der "Vollbeschäftigung" für problematisch, wenn er Verhältnisse wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders in der Bundesrepublik suggeriere. Die Illusion, dass man zu den alten Zeiten und zur Nachkriegsprosperität zurückkehren könnte, bezeichnet der Soziologe gegenüber n-tv.de für rückwärtsgewandt und wenig realitätsnah.

Darüber hinaus sei unter steigender Erwerbsbeteiligung gegenwärtig "vor allem eine Verschiebung aus der Arbeitslosigkeit in prekäre Beschäftigung" zu verstehen. Darum plädiert Dörre dafür, "dass man früher oder später das Thema Arbeitszeitverkürzung und Umverteilung von Arbeit wieder auf die Tagesordnung setzen muss, auch wenn wir gegenwärtig das Gegenteil erleben."

Quelle: ntv.de

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