Politik

Bosbachs Ausländer-Ermahnung "Auf Sarrazins Spuren"

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion denkt laut drüber nach, arbeitslose Ausländer abzuschieben, wenn sie sich nicht "ernsthaft" um einen Job bemühen. Dafür bekommt er Schelte von Grünen und Linken, aber auch vom künftigten Koalitionspartner FDP.

Integration wird eingegliedert: Ein eigenes Ministerium wird es nicht geben.

Integration wird eingegliedert: Ein eigenes Ministerium wird es nicht geben.

(Foto: AP)

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) will den Druck auf ausländische Arbeitslose erhöhen, die wegen schlechter Deutschkenntnisse schwer vermittelbar sind. Wer nicht an Deutschkursen teilnehmen wolle und "sich nicht ernsthaft um Arbeit bemüht, der kann nicht erwarten, dass er hier dauerhaft auf Kosten des Steuerzahlers lebt", sagte Bosbach dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die Grünen kritisierten seine Aussage als "dumpfen Populismus", die Linken sprachen von "pauschalen Verunglimpfungen".

Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy verwies darauf, dass Bosbachs Forderung bereits gilt. "Jemand, der Transferleistungen erhält und der Aufforderung zu einem Sprachkurs nicht nachkommt, kann Leistungen gekürzt bekommen." In der Regel werde das auch praktiziert. "Entweder ist Herr Bosbach unwissend oder böswillig", kritisierte Edathy in der Zeitung. Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, sagte: "Das ist geltende Rechtslage. Ich weiß nicht, was er noch will."

Kritisch äußerte sich auch die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Im "Hamburger Abendblatt" mahnte sie eine "ehrliche Debatte" über Integration an. "Und da sollten wir nicht einfach nach neuen Gesetzen rufen." Leutheusser-Schnarrenberger, die als künftige Bundesjustizministerin gehandelt wird, forderte stattdessen bessere Integrationskurse. Zudem warb sie dafür, das kommunale Wahlrecht auf Nicht-EU-Ausländer auszuweiten.

"Überhaupt nicht hilfreich"

Unionsfraktionsvize Bosbach.

Unionsfraktionsvize Bosbach.

(Foto: AP)

Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir warf Bosbach vor, sich nicht an die Fakten zu halten. "Seit 2005 haben eine halbe Million Migranten die Deutschkurse besucht", sagte er. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge berichtete von einer großen Nachfrage nach Integrationskursen, die die Deutschkurse beinhalteten. "Herr Bosbach kann sich aber gerne dafür einsetzen, dass diese Kurse ordentlich ausgestattet und auch die Lehrer fair bezahlt werden", sagte Özdemir. Die Große Koalition habe die Mittel seit 2005 erheblich gekürzt.

Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, erklärte: "Wolfgang Bosbach begibt sich auf Thilo Sarrazins unheilige Spuren, wenn er auf derart populistische Weise rassistische Ressentiments schürt." Berlins früherer Finanzsenator Sarrazin (SPD), der heute Bundesbank-Vorstandsmitglied ist, hatte mit abfälligen Bemerkungen über in Berlin lebende Türken und Araber einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Auch Leutheusser-Schnarrenberger bemängelte: "Der Beitrag von Herrn Sarrazin war überhaupt nicht hilfreich."

Integrationsbeauftragte aufwerten

Bosbach sprach sich zugleich gegen ein eigenständiges Integrationsministerium aus, das auch aus Unionsreihen gefordert wird. "Vieles in diesem Bereich ist zunächst Aufgabe der Länder und Kommunen", argumentierte er. "Sinnvoll auf Bundesebene wäre eine Bündelung der Kompetenzen, die der Bund tatsächlich hat - in einer Behörde oder einem bestehenden Ministerium. Kompetenzen haben die (im Kanzleramt angesiedelte) Integrationsbeauftragte, das Arbeitsministerium, das Familien- und das Innenministerium."

Nach Informationen aus Verhandlungskreisen sind die Pläne für ein solches Ministerium auch wieder vom Tisch. Es sei nach wie vor offen, ob die Bereiche Integration, Migration und Flüchtlinge in ein Bundesministerium eingegliedert oder ob das bereits bestehende Amt der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration etwa nach dem Vorbild des Kulturstaatsministers aufgewertet werde. Für beide Varianten stünden die Chancen derzeit etwa gleich hoch, hieß es in den Teilnehmerkreisen.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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