Bürgerkriegsgefahr wächst Ausländer ziehen sich aus Libyen zurück
20.05.2014, 07:02 Uhr
Ein regierungstreuer Soldat steht Wache, knapp 30 Kilometer vor Tripolis.
(Foto: imago/Xinhua)
Das libysche Parlament ist praktisch abgesetzt, Milizen aller Couleur bekämpfen sich immer heftiger. Wegen der Bürgerkriegsgefahr in Libyen wollen die USA ihre Diplomaten abziehen. Andere Staaten haben ihre Botschaften längst geschlossen.
Nach der Eskalation der Gewalt in Libyen erwägen die USA eine Evakuierung ihrer Botschaft in Tripolis. Das berichtet der TV-Sender CNN unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen im Verteidigungsministerium. 200 Marines stünden mit mehreren Flugzeugen in Italien bereit, um jederzeit einzugreifen. In der Botschaft befänden sich etwa 200 Amerikaner. In Washington wachse die Sorge vor einem Bürgerkrieg in dem nordafrikanischen Land, hieß es. Bei einem Angriff auf das US-Konsulat im ostlibyschen Bengasi waren im September 2012 der damalige Botschafter Chris Stevens und drei weitere Amerikaner getötet worden.
Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben ihre diplomatischen Vertretungen in Tripolis bereits geschlossen. Die Diplomaten seien vorsorglich abgezogen worden, bis sich die Sicherheitslage wieder verbessere, meldete die libysche Nachrichtenagentur Lana.
Die Europäische Union äußerte sich "zutiefst besorgt über die beachtliche Verschlechterung der politischen und der Sicherheitslage in Libyen". Die EU fordere alle Seiten auf, weiteres Blutvergießen zu vermeiden, sagte ein Sprecher der Außenbeauftragten Catherine Ashton.
Parlament und Regierung aufgelöst
Nach dem jüngsten Gewaltausbruch mit 77 Toten am vergangenen Wochenende kämpft die Übergangsregierung praktisch ums Überleben. In einer von Lana verbreiteten Erklärung forderte sie die Milizen im Land auf, Meinungsverschiedenheiten nicht mit Waffen auszutragen. Ein hochrangiger Militärkommandeur kündigte unterdessen die Auflösung von Regierung und Parlament an. Der Chef der Militärpolizei sagte, eine neu gewählte Kommission werde eine Verfassung schreiben und vorübergehend die Aufgaben der Legislative übernehmen. "Das libysche Volk wird es nicht zulassen, dass sein Land zum Tummelplatz für Terroristen und Extremisten wird", sagte er.
Die Unruhen hatten am Freitag in Bengasi begonnen und am Sonntag auch Libyens Hauptstadt Tripolis erfasst. Dort stürmten Bewaffnete das Parlament. In Bengasi waren zuvor Stützpunkte islamistischer Milizen attackiert worden. Bei den Angreifern handelt es sich um abtrünnige Soldaten, die von Milizen aus der Stadt Sintan unterstützt werden. Ihr Ziel ist die Vertreibung der islamistischen Milizen aus dem Land, die sich seit dem Sturz des Langzeitpräsidenten Muammar al-Gaddafi 2011 dort ausgebreitet haben.
Quelle: ntv.de, nsc/ino/dpa