Politik

Mordserie der Neonazi-Zelle BKA führt neue Beschuldigte

Hunderte Menschen protestieren in Berlin am Tag der Menschenrechte gegen Rassismus.

Hunderte Menschen protestieren in Berlin am Tag der Menschenrechte gegen Rassismus.

(Foto: dpa)

Sieben Menschen gelten in der Mordserie der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle inzwischen als Beschuldigte. Die Bundesanwaltschaft wirft nun auch Mandy S. und Matthias D. vor, die drei unterstützt zu haben. Ein hohes NPD-Mitglied wird weiterhin verdächtigt. Derweil wird bekannt, dass eine Ceska, Modell 83, als Mordwaffe verwendet wurde.

Die Ermittler im Fall der Zwickauer Neonazi-Zelle stufen nach Medieninformationen inzwischen sieben Personen aus dem Umfeld der Zelle als Beschuldigte ein. Damit habe sich die Zahl um zwei erhöht, berichtet der "Spiegel". Die Bundesanwaltschaft beschuldige nun auch Mandy S. und Matthias D. aus Sachsen - sie stünden im Verdacht, die Gruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) nach ihrem Untertauchen unterstützt zu haben. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft hatte zuvor gesagt, im Fall der Neonazi-Morde werde gegen rund ein Dutzend Personen aus dem Umfeld des Zwickauer Trios ermittelt.

Auch in Kassel protestieren Tausende Menschen gegen rechte Gewalt.

Auch in Kassel protestieren Tausende Menschen gegen rechte Gewalt.

(Foto: dpa)

Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts habe Mandy S. die mutmaßlichen Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und die in Untersuchungshaft sitzende Beate Zschäpe nach deren Untertauchen 1998 für mehrere Monate in der Wohnung ihres damaligen Freundes in Chemnitz einquartiert. Die Frau habe die Vorwürfe in einer polizeilichen Vernehmung mittlerweile eingeräumt. Matthias D. wiederum soll den Neonazis 2003 und 2008 jeweils eine Wohnung in Zwickau untervermietet haben. Nach Angaben seines Anwalts war D. jedoch nicht über die wahre Identität seiner Untermieter informiert und wurde von diesen "getäuscht".

Holger G. soll Waffe identifizieren

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" haben die Ermittler auch neue Erkenntnisse über die Mordwaffe der Terrorzelle. Die zwischen 2000 und 2006 bei Morden an acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer verwendete Ceska, Modell 83, sei in den 90er Jahren in der Schweiz von einem Waffenliebhaber gekauft worden, schreibt das Blatt. Die Familie des inzwischen verstorben Mannes unterhalte familiäre Beziehungen nach Ostdeutschland. Die Ermittler prüften jetzt, ob die Waffe zur Hinterlassenschaft des Toten gehört habe und an wen sie weitergegeben worden sei.

Ein Waffenliebhaber aus der Schweiz verkaufte die Pistole in den 90er Jahren.

Ein Waffenliebhaber aus der Schweiz verkaufte die Pistole in den 90er Jahren.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der inzwischen inhaftierte Holger G., der im Verdacht steht, 2001 oder 2002 als Kurier des früheren NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben der Terrorzelle eine Waffe verschafft zu haben, solle in den nächsten Tagen alle 19 Waffen der Terrorbande gezeigt bekommen. Die Fahnder erhofften sich davon eine Identifizierung der Waffe, die er den Terroristen ins Versteck gebracht haben soll. Bislang habe er erklärt, er wisse nicht, um welche Waffe es sich gehandelt habe.

Auch NPD-Funktionär im Verdacht

Laut "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) steht zudem ein hohes NPD-Mitglied weiterhin im Verdacht, die Zwickauer Terror-Zelle unterstützt zu haben. Es handelt sich demnach um Patrick Wieschke, der als "Bundesorganisationsleiter" im Präsidium der rechtsextremen Partei sitzt. Das Blatt beruft sich in seinem Bericht auf Sicherheitskreise.

Das Fahndungsplakat des BKA. Bisher gibt es aus der Szene allerdings nur wenige Rückmeldungen.

Das Fahndungsplakat des BKA. Bisher gibt es aus der Szene allerdings nur wenige Rückmeldungen.

(Foto: BKA)

Der Mann aus Eisenach soll Beate Zschäpe, die einzige Überlebende des Zwickauer Trios, in der Nacht zum 3. November beherbergt haben - einen Tag vor dem letzten Banküberfall der später tot in einem ausgebrannten Wohnmobil gefundenen Mundlos und Böhnhardt in Eisenach. Laut Sicherheitskreisen haben Polizeihunde bei Wieschkes Wohnung angeschlagen, schreibt die FAS. Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft machte keine Angaben zu dem im FAS-Bericht genannten konkreten Fall.

Wieschke selbst hatte bereits Anfang Dezember zu schon damals kursierenden entsprechenden Berichten Stellung genommen. In einer Pressemitteilung des Thüringer Landesverbandes, die auf der Internetseite der NPD zu finden ist, wird er zitiert mit den Worten, er habe noch nie ein einziges Wort mit Zschäpe gewechselt. "Ich habe diese Frau Mitte der 90er Jahre zwar mal gesehen, aber niemals persönlichen Kontakt zu ihr gepflegt, geschweige denn einen solchen nach ihrem Untertauchen gehabt." Das habe er in einer Vernehmung auch den Ermittlern gegenüber erklärt.

"Bis zuletzt nah an den Dreien dran"

Wie die FAS weiter berichtet, soll der inhaftierte ehemalige Thüringer NPD-Funktionär Wohlleben bis vor kurzem engen Kontakt zur NSU gehabt haben. "Er war bis zuletzt nah an den Dreien dran", zitiert die Zeitung aus Sicherheitskreisen. Die Ermittlungen gegen Wohlleben gestalteten sich allerdings schwierig, da die Dateien auf seinen beschlagnahmten Computern aufwendig verschlüsselt seien.

Eine gute Woche nach dem öffentlichen Fahndungsaufruf wegen der Mordserie verdoppelte sich die Zahl der Hinweise aus der Bevölkerung. Bislang seien 508 Hinweise eingegangen, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Die Auswertung laufe noch.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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