Politik

Türkischer Minister für Integration Bagis: "Lernt Deutsch!"

(Foto: dpa)

Der türkische Europaminister Bagis fordert seine Landsleute in Deutschland zur Integration auf. Sie sollten die Sprache lernen, sich anpassen und ihre Kinder auf die besten Schulen schicken. Die türkische Regierung stehe hinter der Idee der Integration, sagt Bagis. Derweil streitet die schwarz-gelbe Koalition um die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte.

Inmitten der hitzigen Debatte über die Zuwanderungspolitik hat der türkische Europaminister Egemen Bagis seine Landsleute in Deutschland und alle Deutschen türkischer Herkunft zu einer besseren Integration aufgerufen. "Lernt Deutsch! Passt euch den Sitten und Gebräuchen eures Gastlandes an", appellierte Bagis in der "Bild"-Zeitung. Außerdem forderte er die türkischstämmigen Migranten in Deutschland auf, ihre Kinder "auf die besten Schulen" zu schicken, "damit sie eine Zukunft haben".

Der Minister rief überdies zur Achtung der in Deutschland geltenden Gesetze auf. "Denn wenn 'Ali' oder 'Achmed' Schlimmes tun, werden die Menschen nicht nach Namen suchen. Sie werden sagen: 'Der Türke war's!'", warnte Bagis. Er warb bei den türkischstämmigen Menschen in Deutschland, sie müssten "das Geschenk eurer Identität und eurer Kultur nicht aufgeben, sondern euch als Botschafter der Türkei verstehen". Bagis fügte hinzu, die türkische Regierung stehe voll und ganz hinter der Idee der Integration so wie "wir für die Integration der Türkei in die EU sind".

"Nicht an der Herkunft festmachen"

Seehofer hatte einen Zuwanderungsstopp gefordert.

Seehofer hatte einen Zuwanderungsstopp gefordert.

(Foto: dpa)

Nach seiner Forderung nach Zuzugsbeschränkungen für Türken und Araber erntet CSU-Chef Horst Seehofer nach wie vor scharfe Kritik, auch aus den Reihen von CDU und FDP. Deutschland solle aktiv um qualifizierte Zuwanderer werben, forderte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann. Sie sicherten Innovationen und Arbeitsplätze, sagte der CDU-Politiker der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Seehofer warf er Populismus vor. "Man darf es eben nicht an der Herkunft festmachen", so der CDU-Politiker. "Wir brauchen die Zuwanderung von Qualifizierten und Hochqualifizierten es ist unerheblich, aus welchem Kulturkreis sie kommen." Eine "sehr viel stärkere Willkommensstruktur" forderte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel. "Wir benötigen nicht weniger, sondern erheblich mehr gesteuerte Zuwanderung", sagte Vogel der "Passauer Neuen Presse".

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, plädierte für eine engere arbeitsmarktpolitische Zusammenarbeit mit der Türkei. Diese sei auf längere Sicht ein gutes Partnerland für einen flexiblen Arbeitsmarkt, sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Er bezeichnete es als "schweres Missverständnis" zu glauben, Türken und Araber seien für den deutschen Arbeitsmarkt weniger tauglich. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) verlangte angesichts eines Fachkräftemangels in Deutschland Änderungen in der Einwanderungspolitik. Man brauche ein Gesamtkonzept und müsse Zuwanderer nach Qualifikation und nicht nach Herkunftsländern oder gar Religion auswählen, sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann im Südwestrundfunk.

"Legale Völkerwanderung abwarten"

Dagegen wandte sich der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), gegen Forderungen nach weiterer Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten. "Wir brauchen die klügsten Köpfe und bekommen Analphabeten", sagte der CSU-Politiker dem "Kölner Stadt-Anzeiger" über die derzeitige Lage. Das müsse sich ändern. Uhl wies darauf hin, dass kommendes Jahr ab dem 1. Mai 70 Millionen Menschen aus den Beitrittsländern Osteuropas Niederlassungsfreiheit in der EU genössen, davon 38 Millionen im erwerbsfähigen Alter. "Wie viele davon Gebrauch machen, weiß im Moment kein Mensch. Bevor wir aber noch weitere Menschen aus fremden Kulturkreisen zu uns holen, sollte man diese legale Völkerwanderung abwarten", forderte der CSU-Politiker.

Auch DIHK-Chef Driftmann geht davon aus, dass das Fachkräfteproblem mit Hilfe von Zuwanderern aus den östlichen Mitgliedsstaaten bekämpft werden kann. "Aber die Zuwanderung eben aus Ländern außerhalb der EU, bleibt ein Element von vielen, um den Fachkräftemangel zu beheben oder wenigstens zu mildern", wurde er zitiert.

"Verheerende Signale"

Der Berliner Integrationsbeauftragte Günter Piening sprach von "verheerenden Signalen" Seehofers, die die positiven Signale der Rede von Bundespräsident Christian Wulff, der den Islam als zu Deutschland gehörig bezeichnet hatte, zunichtemachten. Diese Diskussion zeige, wo zurzeit die wirklichen Integrationsverweigerer sitzen, ganz offenbar in Bayern, sagte Piening der "Frankfurter Rundschau". Die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch forderte Seehofer zum Rücktritt auf. "Herr Seehofer sollte wie Herr Sarrazin auf seinen Job verzichten", erklärte sie in Berlin. Gleichzeitig warf Lötzsch Seehofer geistige Brandstiftung vor: "Die Worte Seehofers werden von Rechtsradikalen dankbar aufgegriffen. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass Häuser von Muslimen brennen."

Rückendeckung erhielt Seehofer vom Integrationsbeauftragten der Unionsfraktion im Bundestag, Stefan Müller. "In der Tat sind relativ gesehen Muslime, vor allem türkische Muslime, schlechter integriert als andere", sagte der Geschäftsführer der CSU im Bundestag. Eine Änderung des Zuwanderungsrechts lehnte Müller trotz des Fachkräftemangels ab.

Laut einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen wünschen sich junge Türken Kontakt zu Deutschen. Dagegen seien Türken bei deutschen Jugendlichen ausgesprochen unbeliebt, heißt es in der Studie, aus der die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. 40,9 Prozent der Türken sagten der Umfrage zufolge, sie fänden deutsche Nachbarn sehr angenehm. Deutsche Jugendliche fänden dagegen nur zu 9,2 Prozent türkische Nachbarn sehr angenehm, mehr als 38 Prozent würden türkische Nachbarn nicht mögen. Für die Untersuchung habe das Institut knapp 1600 türkischstämmige und mehr als 20.000 deutsche Jugendliche befragt.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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