Politik

"Seit 35 Tagen im Hungerstreik" Bangen um Weißrusslands Opposition

Nikolai Statkevich war Präsidentschaftskandidat der weißrussischen Sozialdemokraten.

Nikolai Statkevich war Präsidentschaftskandidat der weißrussischen Sozialdemokraten.

Nach den umstrittenen Präsidentschaftwahlen in Weißrussland ließ Präsident Lukaschenko dutzende Oppositionspolitiker festnehmen. Unter ihnen ist Nikolai Statkevich, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Weißrusslands. Im Interview spricht seine Tochter über den Gesundheitszustand des Vaters und den Schockzustand im Land.

n-tv.de: Wie geht es Ihrem Vater? Wann haben Sie das letzte Mal von ihm gehört?

Katsiaryna Statkevich: Leider weiß ich nicht, wie es meinem Vater Nikolai Statkevich geht, denn es gilt eine vollständige Informationsblockade zwischen den politisch Inhaftierten und der Außenwelt. Einzige Ausnahme: Mitte Januar kam von ihm ein Brief mit dem Geburtstagsgruß für meinen Großvater, allerdings ohne jegliche Angaben über seinen Zustand. Seine Rechtsanwältin durfte ihn zuletzt am 29. Dezember sehen. Auch damals durfte sie nichts über seinen Zustand sagen, sonst droht ihr ein Lizenzentzug.

Besteht eine Chance auf baldige Freilassung?

Ich hoffe mit aller Kraft, die ich habe, dass er bald freigelassen wird. Er ist zwar sehr willensstark, aber er befindet sich bereits seit 35 Tagen im Hungerstreik und ich sorge mich um die gesundheitlichen Folgen für ihn.

Katsiaryna Statkevich bei einem Besuch in Minsk. Die 30-Jährige lebt seit 2002 in Ingolstadt in Bayern.

Katsiaryna Statkevich bei einem Besuch in Minsk. Die 30-Jährige lebt seit 2002 in Ingolstadt in Bayern.

Unter welchen Bedingungen ist Ihr Vater inhaftiert?

Die Polizei hat das Auto, in dem er fuhr, angehalten, das Fenster rausgeschlagen und ihn aus dem Wagen rausgezerrt und zum KGB-Gefängnis mitgenommen.

Haben Sie eine Ahnung, wie viele Oppositionelle insgesamt noch inhaftiert sind?

In Verbindung mit der Organisation der Massendemonstration am 19. Dezember nach den Präsidentschaftswahlen sind derzeit 33 Oppositionelle offiziell beschuldigt, weitere 16 Personen werden offiziell verdächtigt. Das sind diejenigen, denen Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren Haft drohen. Die Liste wird aber ständig größer. Kleinere Freiheitsstrafen von 10 bis 15 Tagen für die Teilnahme an verschiedenen Aktionen der Opposition in der Zeit zwischen dem 19. Dezember und heute haben bereits weit über 1000 Menschen verbüßt, oder sie sind noch in Haft.

Wie würden Sie die derzeitige Lage in Weißrussland nach den Wahlen beschreiben?

Es herrscht ein Schockzustand - bei denen, die wissen, was geschieht. Eine derartige Brutalität des Regimes hat keiner erwartet, obwohl Lukaschenko bereits seit 16 Jahren herrscht. Die Verhaftungen und Massendurchsuchungen in Belarus dauern an, die Menschen werden mehr und mehr eingeschüchtert. Die Medien verbreiten ununterbrochen Propaganda und suchen nach der angeblichen Verschwörung. Diejenigen, die keine alternativen Informationsquellen haben, wissen nicht, was tatsächlich passiert.

Mit Katsiaryna Statkevich sprach Till Schwarze

Quelle: ntv.de

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