Online-Durchsuchungen Bayern billigt Gesetzentwurf
12.02.2008, 16:10 UhrTrotz massiver Kritik hat Bayerns CSU-Regierung ihre umstrittenen Pläne zur heimlichen Online-Durchsuchung von Computern auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte den Gesetzentwurf von Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Damit soll es dem Verfassungsschutz erlaubt werden, heimlich über das Internet auf die Computer von Terrorverdächtigen zuzugreifen. Auch bei schwersten Straftaten organisierter Krimineller soll das möglich werden. Die Einführung von Online-Durchsuchungen als Mittel im Anti-Terror-Kampf ist auch in der großen Koalition in Berlin umstritten.
Wenn Terroristen sich modernster Kommunikationstechniken bedienten, könne der Verfassungsschutz nicht auf dem technischen Stand von vor zehn Jahren stehenbleiben, sagte Herrmann nach der Kabinettssitzung in München. Es gehe darum, terroristische Gefahren und Bedrohungen aufzuklären und das Leben Unschuldiger zu schützen. Die herkömmlichen Befugnisse reichten für eine effektive Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität nicht aus, sagte er. Ein Verzicht auf Online-Untersuchungen würde eine "Einladung an Terroristen" bedeuten.
Die erste Fassung des Gesetzentwurfs wird jedoch voraussichtlich nicht die endgültige sein. Das Bundesverfassungsgericht will in zwei Wochen ein Grundsatzurteil zu Online-Durchsuchungen verkünden. Alle Vorgaben daraus sollen laut Herrmann noch in das Gesetz eingebaut werden. Dieses sei schon jetzt auf den Weg gebracht worden, damit es noch vor der Landtagswahl am 28. September verabschiedet werden könne. SPD und Grüne kündigten bereits heftigen Widerstand an.
Herrmann betonte, eine Online-Durchsuchung müsse selbstverständlich engen rechtsstaatlichen Anforderungen genügen und seien auf ganz wenige Fälle im Jahr begrenzt. Jede einzelne Maßnahme müsse von ihm selbst angeordnet und von einer Kommission des bayerischen Landtags genehmigt werden. Pfarrer, Ärzte, Journalisten und andere Berufsgeheimnisträger bleiben ausgenommen.
Herrmann war mit seinem Vorstoß unter anderem auf Kritik gestoßen, weil er nicht länger auf das Karlsruher Urteil und Vereinbarungen der großen Koalition in Berlin zu Online-Durchsuchungen warten wollte. Politiker der SPD und der Opposition in München und Berlin hatten vor einem "Schnellschuss" und einem "bayerischen Sonderweg" gewarnt.
Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth kritisierte, die Staatsregierung zeige mit ihrem Beschluss "mangelnden Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht". "Die geplante große bayerische Spähoffensive auf die Festplatten der Bürgerinnen und Bürger ist ein eklatanter Angriff auf die Privatsphäre", sagte sie laut Mittelung.
Quelle: ntv.de