Politik

Täuschungsmanöver in Syrien Beobachter beenden Gewalt nicht

Dieser Screenshot der syrischen Nachrichtenagentur Sana zeigt arabische Beobachter in der Provinz Idlib.

Dieser Screenshot der syrischen Nachrichtenagentur Sana zeigt arabische Beobachter in der Provinz Idlib.

(Foto: dpa)

Der Friedensplan der Arabischen Liga sollte eigentlich das Blutvergießen in Syrien beenden. Doch es wird weiterhin geschossen, wie auch Liga-Generalsekretär al-Arabi sagt. Doch er weiß auch von kleinen Erfolgen zu berichten. Oppositionelle berichten derweil von Täuschungsmanövern des Regimes: Die Beobachter würden in falsche Orte geführt, heißt es.

In Syrien sind nach den Beobachtungen der Arabischen Liga weiterhin Heckenschützen im Einsatz. Nach "jüngsten Berichten" der Beobachter am Telefon werde in den aufständischen Städten aus dem Hinterhalt geschossen, sagte der Generalsekretär der Liga, Nabil al-Arabi, in Kairo. "Das Schießen muss vollständig aufhören." Gleichzeitig sagte al-Arabi jedoch, dass das syrische Militär aus Wohngebieten der Städte abgerückt sei und sich an die Stadtränder zurückgezogen habe. Dies war eine der Forderungen der Liga.

Es war das erste Mal seit der Entsendung einiger Beobachter nach Syrien am 27. Dezember, dass sich al-Arabi selbst zu der Lage in dem Land äußerte. "Es ist schwer zu sagen, wer auf wen schießt", sagte der Generalsekretär der Liga. Die syrische Regierung hatte in den Einsatz der Beobachter erst nach zähem Ringen eingewilligt. Die Liga will ein Ende des Blutvergießens in Syrien erreichen. Seit März 2011 wurden nach UN-Angaben rund 5000 Menschen getötet. Den syrischen Behörden zufolge kamen 2000 Sicherheitskräfte durch bewaffnete Gruppen ums Leben.

Am Wochenende hatte das Arabische Parlament gefordert, angesichts der anhaltenden Gewalt die Beobachter abzuziehen. Zur Begründung hieß es, dass unvermindert unschuldige Zivilisten durch das Regime getötet würden. Die Lage habe sich seit dem Eintreffen der Mission nicht verbessert.

Am Wochenende soll es in Idlib zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen sein.

Am Wochenende soll es in Idlib zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen sein.

(Foto: AP)

Die syrische Protestbewegung warnte unterdessen vor Täuschungsmanövern des Regimes von Präsident Baschir al-Assad. Ein Sprecher der sogenannten Revolutionskomitees sagte, die Sicherheitskräfte hätten Namen von Dörfern und Straßen geändert, um den Beobachtern vorzugaukeln, sie hätten die Hochburgen des Aufstandes besucht. Der Sprecher sagte: "Sie haben sie in ein Dorf geführt und gesagt, dies sei die Ortschaft Daria. Doch in Wirklichkeit haben sie ein Dorf in der Nähe von Daria gezeigt, in dem vor allem regimetreue Offiziere leben."

Chef der Beobachter in der Kritik

Zu den Heckenschützen hatte es in den vergangenen Tagen widersprüchliche Aussagen gegeben. Der die Beobachtermission leitende sudanesische General Mohammed Ahmed Mustafa al-Dabi bestritt, dass eines seiner Teammitglieder , die im Auftrag der Regierung in Damaskus handelten. Al-Dabi steht aber selbst in der Kritik, weil er in seiner Heimat für willkürliche Verhaftungen und Folter verantwortlich gewesen sein soll. Al-Arabi stellte sich allerdings ausdrücklich hinter al-Dabi. Dieser solle der Liga "innerhalb von zwei Tagen" seinen ersten schriftlichen Bericht übermitteln.

Al-Arabi forderte die syrische Regierung auf, alle gemachten Zusagen vollständig einzuhalten. Die Beobachter sollen kontrollieren, ob der von der Liga vermittelte Friedensplan auch umgesetzt wird. Der Plan sieht den Abzug von Soldaten und Panzern aus den Straßen, die Freilassung von Gefangenen und die Aufnahme des Dialogs mit der Opposition vor.

Bislang seien 70 Beobachter in sechs syrischen Städten tätig, sagte al-Arabi weiter. Diese sollten schon bald um 30 weitere verstärkt werden. Bislang sei es gelungen, die Freilassung von 3484 Gefangenen zu erreichen. Die Oppositionsgruppen rief er auf, Namen von Inhaftierten zu nennen, um dann die Listen abgleichen zu können. Offenblieb, ob die Zahl der Freigelassenen auch die 755 Gefangenen umfasst, deren Entlassung die Regierung Ende Dezember selbst verkündet hatte.

Soldaten laufen über

Ungeachtet der Beobachtertätigkeit kam es weiterhin zu Gewalttaten. Nach Angaben der oppositionellen Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte schlossen sich in der nördlichen Provinz Idlib zahlreiche Soldaten der Protestbewegung an und überfielen drei Kontrollpunkte der Armee. Dabei seien mehrere Mitglieder der Streitkräfte getötet worden. Zwei Checkpoints befänden sich nun in der Hand der Opposition. Mehrere Soldaten seien als Geisel genommen worden.

Arabische Beobachter (im Bildmittelpunkt in den Warnwesten) auf einer Kundgebung in Idlib Ende Dezember.

Arabische Beobachter (im Bildmittelpunkt in den Warnwesten) auf einer Kundgebung in Idlib Ende Dezember.

(Foto: REUTERS)

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak sagte unterdessen den baldigen Sturz des syrischen Präsidenten Assad voraus. Assad und seine Familie würden sich nur noch "einige Wochen" halten können, sagte Barak vor dem Außen- und Verteidigungsausschuss des israelischen Parlaments. Er halte es für unmöglich vorherzusagen, was nach einem Sturz Assads in Syrien geschehen werde, fügte Barak hinzu. Vor kurzem hatte der Minister, der als Vertrauter von Regierungschef Benjamin Netanjahu zählt, erklärt, ein Sturz Assads wäre ein "Segen" für den Nahen Osten.

Israel sorgt sich angesichts der Protestbewegung in Syrien und ihrer gewaltsamen Niederschlagung durch Regierungstruppen um die Stabilität der Region. Umstritten zwischen beiden Ländern sind die strategisch wichtigen Golan-Höhen, die Israel annektiert hat. Syrien fordert die Rückgabe des Gebietes.

Schweiz verweigert Einreisevisum

Die Schweiz verweigerte derweil dem Geheimdienstchef von Damaskus, Hafis Machluf, ein Einreisevisum. Der Cousin von Präsident Assad steht auf einer Liste von 54 syrischen Personen und Institutionen, deren Guthaben in der Schweiz eingefroren wurden. Machluf hatte seinen Visumsantrag damit begründet, dass er rechtlich gegen die Sanktionen der Schweiz vorgehen wolle. Ein Schweizer Bundesgericht urteilte, dass er dafür keine Einreiseerlaubnis benötige.

Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa

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