Politik

Arrivederci, Cavaliere! Berlusconi gibt auf

(Foto: dpa)

Das Rätselraten um die politische Zukunft von Italiens Premierminister Berlusconi ist beendet. Nach einem Krisengespräch mit Staatspräsident Napolitano räumt er ein, dass seine Regierung keine Mehrheit mehr hat. Berlusconi will aber erst zurücktreten, wenn er das Reformgesetz für Wirtschaftswachstum durchgesetzt hat.

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist zum Rücktritt bereit. Zunächst wolle er noch, dass das Reformgesetz mit Zusagen an die EU verabschiedet werde, dann werde er zurücktreten. Das teilte Staatspräsident Giorgio Napolitano nach einem Krisengespräch mit Berlusconi mit. Sobald die Sparpläne angenommen seien, werde Berlusconi sein Amt zur Verfügung stellen und Präsident Napolitano mit den Vertretern von Koalition und Opposition über die Bildung einer neuen Regierung beraten, hieß es in der Erklärung des Präsidialamts.

Berlusconi war am Ende nur noch eine Witzfigur: Eine Fluggesellschaft wirbt mit dem Slogan "Lieber Silvio, eine weitere Gelegenheit zu entkommen."

Berlusconi war am Ende nur noch eine Witzfigur: Eine Fluggesellschaft wirbt mit dem Slogan "Lieber Silvio, eine weitere Gelegenheit zu entkommen."

(Foto: REUTERS)

Berlusconi räumte nach dem Treffen ein, dass seine Mitte-Rechts-Koalition nach dreieinhalb Jahren am Ende ist: "Die Regierung hat nicht mehr die Mehrheit, die wir zu haben glaubten", sagte der gescheiterte Regierungschef am Abend dem italienischen Fernsehen. "Wir müssen also diese Situation realistisch zur Kenntnis nehmen und uns um die Lage Italiens kümmern und um das, was auf den Finanzmärkten geschieht", fügte er an. Von der Opposition fordert er, dass sie den dringenden Reformmaßnahmen zustimmt, die er im Parlament einbringt. Als Antwort erhielt Berlusconi bereits positive Signale aus der Opposition.

Berlusconi hatte bislang alle Rücktrittsforderungen zurückgewiesen und seit 2008 über 50 Vertrauensabstimmungen überstanden. Er wolle auf der Barrikade fallen, "den Verrätern bei der Vertrauensabstimmung ins Auge sehen", sagte Berlusconi vor der Presse.

Napolitano verhandelt mit Parteien

Nach einer Abstimmung über die Maßnahmen im Stabilitätsgesetz werde es Konsultationen mit den Parteien geben, hieß es am Abend in Rom. Dabei wolle der Staatspräsident den Vorschlägen und Positionen der politischen Kräfte in Italien "höchste Aufmerksamkeit" widmen. Nach den Fahrplänen des Parlaments dürfte zunächst der Senat vom 15. bis 18. November das Stabilitätsgesetz mit den Reformzusätzen der Regierung behandeln. Dann geht der Entwurf in das Abgeordnetenhaus.

Berlusconi war wegen der horrenden Staatsschulden von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zunehmend unter Druck geraten. Eine EU-Expertenmission soll ab Mittwoch die Spar- und Reformbemühungen der Regierung in Rom überprüfen. EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte die Italiens nach einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel als "sehr besorgniserregend" bezeichnet. Der angekündigte Abgang des Premierministers und ließ zuvor auch den Dax steigen.

Die Debatte über Berlusconis Nachfolger läuft bereits auf Hochtouren. Ersetzt werden könnte er durch den Generalsekretär der Regierungspartei PDL, Angelino Alfano. Sein enger Vertrauter Gianni Letta gilt ebenfalls als Kandidat. Im Gespräch sind aber auch andere Personen, darunter der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti als Chef einer Übergangsregierung aus Technokraten.

Verbündete gehen von der Fahne

Nach der Abstimmung über den Rechenschaftsbericht 2010 am Nachmittag war klar, dass der Regierungschef im Parlament nicht mehr über die absolute Mehrheit verfügt. Zwar passierte der Bericht die Kammer, doch stimmten nur 308 der 630 Abgeordneten dafür. 321 stimmten nicht ab. "Das Votum zeigt, dass die Regierung in der Kammer keine Mehrheit hat", sagte Oppositionsführer Pierluigi Bersani von der PD (Demokratische Partei). Die linken Oppositionsparteien und eine Reihe von Abtrünnigen aus dem Lager der Mitte-Rechts-Koalition hatten zuvor entschieden, bei dem Votum zwar präsent zu sein, sich aber der Stimme zu enthalten.

Schon vor der Abstimmung hatte der Chef  der mit der Partei von Silvio Berlusconi verbündeten Lega Nord den Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten gefordert. "Wir haben ihn aufgefordert, zur Seite zu treten", sagte Umberto Bossi Berichten italienischer Medien zufolge. Demnach rechnet der Chef der Rechtspopulisten aber nicht damit, dass Berlusconi noch heute seinen Posten abgibt.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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