Politik

"Ruby-Gate" in Italien Berlusconi wird der Prozess gemacht

Nun wird die Luft um Berlusconi offenbar doch ganz schön dünn.

Nun wird die Luft um Berlusconi offenbar doch ganz schön dünn.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Aalglatt und trickreich windet sich Italiens Regierungschef Berlusconi jahrelang aus unzähligen Verfahren, kommt mit heiler Haut davon. Doch nun ist der "Cavaliere" über seine Sex-Eskapaden offenbar zu tief gefallen und muss sich wegen Amtsmissbrauchs und Umgangs mit minderjährigen Prostituierten verantworten.

Ermittlungsrichterin Di Censo gibt dem Antrag der Staatsanwälte statt.

Ermittlungsrichterin Di Censo gibt dem Antrag der Staatsanwälte statt.

(Foto: dpa)

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi muss sich wegen der Sexaffäre um eine junge Marokkanerin in einem Schnellverfahren vor Gericht verantworten. Die Anklagepunkte lauten auf Amtsmissbrauch und Umgang mit minderjährigen Prostituierten. Das entschied die Ermittlungsrichterin Cristina Di Censo in Mailand auf Antrag der Staatsanwälte. Der Prozess soll am 6. April beginnen. Drei Richterinnen sind ausgewählt, über das Schicksal Berlusconis zu entscheiden. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

Während der Ankündigung des Prozesses war der Regierungschef im süditalienischen Catania unterwegs. Er weigerte sich, vor Ort eine  Pressekonferenz abzuhalten, und kehrte nach Rom zurück.

Berlusconi, der Diplomat

"Ruby" wird zu Berlusconis Stolperfalle.

"Ruby" wird zu Berlusconis Stolperfalle.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Amtsmissbrauch wird dem 74-jährigen Medienmogul vorgeworfen, weil er im Mai des vergangenen Jahres die damals 17-jährige Marokkanerin "Ruby" alias Karima El-Marough persönlich vor dem Gefängnis bewahrt haben soll. Berlusconi hatte dies selbst eingeräumt, den Vorwurf des Amtsmissbrauchs jedoch zurückgewiesen. Vielmehr habe er so handeln müssen, um einen "diplomatischen Zwischenfall" zu vermeiden in der Annahme, bei Ruby handele es sich um die Nichte des damaligen ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak. Seine Anwälte wollen Beweise dafür haben, dass Berlusconi dies glauben musste.

Berlusconi, der Partylöwe

Tausende Frauen gingen gehen Berlusconi auf die Straße: Italien ist kein Bordell!

Tausende Frauen gingen gehen Berlusconi auf die Straße: Italien ist kein Bordell!

(Foto: REUTERS)

Der Anklagepunkt des Umgangs mit minderjährigen Prostituierten stützt sich vor allem auf abgehörte Telefongespräche. Auch hier geht es um die Marokkanerin, die in Italien "Ruby Rubacuori" (Ruby Herzensdieb) genannt wird. Sie soll zusammen mit anderen Prostituierten bei wüsten Partys in Berlusconis Villa Arcore bei Mailand mitgemacht haben. Sie selbst soll in den Telefonmitschnitten gesagt haben, sie sei schon im Alter von 16 Gast des Ministerpräsidenten gewesen. Öffentlich hatten beide - sowohl Berlusconi als auch das Mädchen - stets abgestritten, miteinander Sex gehabt zu haben.

Für die beiden Anklagepunkte Amtsmissbrauch und Umgang mit minderjährigen Prostituierten gebe es ausreichend Beweise, begründete die Ermittlungsrichterin ihre Zustimmung zu dem beantragten Schnellverfahren gegen Berlusconi. Nach italienischem Recht ist es möglich, beschleunigte Prozesse zu führen, wenn die Beweislage ausreichend ist. In einem solchen Fall werden Voranhörungen ausgelassen.

Die Geschädigten in dem Verfahren seien in punkto Amtsmissbrauch das italienische Innenministerium und im Hinblick auf den Vorwurf des Umgangs mit minderjährigen Prostituierten die junge Marokkanerin. Amtsmissbrauch wird mit bis zu zwölf Jahren Gefängnis bestraft, Prostitution mit Minderjährigen mit höchstens drei Jahren.

Berlusconi, der Unschuldige

Dem ist nichts hinzuzusetzen.

Dem ist nichts hinzuzusetzen.

(Foto: AP)

Berlusconis Anwälte erklärten nach Bekanntwerden der Entscheidung, sie hätten von Di Censo "nichts anderes" erwartet. Berlusconi hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sein Anwalt Niccolo Ghedini hatte bereits vor dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf einen Prozess angekündigt, Einspruch einzulegen, wenn dem Ansinnen entsprochen werde. Berlusconi hatte der Justiz "subversive Absichten" vorgeworfen. Die Ermittlungen gegen ihn seien lediglich ein "Vorwand", um ihn aus dem Amt zu jagen.

Außerdem plant der Anwalt, der für Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PDL) im Parlament sitzt, die Zuständigkeit des Mailänder Gerichts durch das Parlament anfechten zu lassen, in dem Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis die Mehrheit hat.

Ein PDL-Sprecher sprach von einer Medienkampagne gegen den Regierungschef. "Es gibt weder ein Verbrechen, noch ein Opfer, aber dafür einen Prozess mit Trommelwirbel", erklärte Daniele Capezzone. Die aktuelle Affäre sorgt in Italien allerdings für Empörung: Am Wochenende hatten Hunderttausende Bürger, zumeist Frauen, gegen ein sexistisches Frauenbild in der Gesellschaft protestiert.

Gegen Berlusconi waren in der Vergangenheit bereits mehrere Verfahren angestrengt worden. Die Mehrheit im Parlament hatte ihm allerdings einen juristischen Schutz vor mehreren Prozessen verschafft. So hatte das Parlament bereits beantragte Durchsuchungen der Mailänder Ermittler bei dem "Kassenwart" Berlusconis im Zusammenhang mit der Sexaffäre abgelehnt. Im Januar allerdings entzogen ihm die höchsten Richter den wichtigsten Teil seiner "Quasi-Immunität" gegen Gerichtsverfahren.

Damit kann zum Beispiel auch der Prozess wegen Bestechung des britischen Anwalts David Mills fortgesetzt werden. Diesem soll Berlusconi für Falschaussagen in den 1990er Jahren 600.000 Dollar (442.000 Euro) gezahlt haben. Das Verfahren soll im März wieder aufgenommen werden. Auch ein weiterer Prozess gegen Berlusconi liegt derzeit auf Eis: Darin geht es um Bilanzfälschung und Steuerhinterziehung.

Quelle: ntv.de, hdr/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen