Politik

Merkel in Brasilien Biosprit wird Gipfelthema

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Probleme bei der Biosprit-Herstellung auch auf dem am Freitag beginnenden EU-Lateinamerika-Gipfel in Peru ansprechen. Das kündigte die Bundeskanzlerin bei einem Besuch von VW do Brasil in So Paulo zum Abschluss ihres Brasilien-Aufenthalts an.

Unter anderem will die Kanzlerin die Frage diskutieren, ob der Sojaanbau in lateinamerikanischen Ländern dazu führe, dass weniger Nahrungsmittel in der Landwirtschaft produziert werden. Soja wird zum Beispiel in Argentinien zur Biosprit-Herstellung verwandt.

Ch vez ist auch da

Auf dem Gipfel ist ein Aufeinandertreffen mit dem Präsidenten Venezuelas, Hugo Chvez, zu erwarten, der Merkel am Wochenende in die Nähe von Adolf Hitler gerückt hatte. In der deutschen Delegation wird davon ausgegangen, dass Chvez auf dem Gipfel in Lima erscheinen und auch an dem Forum zur Armutsbegrenzung teilnehmen wird. Dort soll Merkel ein Referat halten. Angedacht sei, dass Merkel darin die Vorzüge des deutschen Modells der sozialen Marktwirtschaft beschreiben werde, hieß es weiter. An dem Gipfel nehmen 27 europäische sowie 33 lateinamerikanische und karibische Delegationen teil.

Merkel hatte in Brasilien mehrfach deutlich gemacht, dass sie bei dem Treffen in der peruanischen Hauptstadt nicht die direkte Konfrontation mit Chvez suchen wolle. Sie war in ihren Statements auf der Reise nie auf die Hitler-Aussage des linkspopulistischen Staatschefs eingegangen. Neben Fragen des Klimawandels solle in Lima vor allem über die Armutsbekämpfung in Lateinamerika gesprochen werden. Merkel hatte sich im Vorfeld dafür ausgesprochen, die Hilfen der EU auf diesen Punkt zu konzentrieren.

Kompromisse bei Liberalisierung des Welthandels

Merkel rief angesichts der stockenden Verhandlungen zur Liberalisierung des Welthandels alle Seiten zur Kompromissbereitschaft aufgerufen. "Wir wissen zwar, dass wir in den Agrarmärkten noch einiges tun müssen", sagte sie am Mittwochabend (Ortszeit) in einer Rede vor Wirtschaftsvertretern in Sao Paulo. "Aber wir wollen natürlich auch bei den tarifären Hemmnissen im Industriebereich ein paar Vorteile sehen." Deutschland wolle mehr exportieren und Brasilien nicht soviel importieren, sagte Merkel. Es komme deshalb darauf an, einen Mittelweg zu finden.

Merkel rief auch die USA auf, eine konstruktive Rolle einzunehmen. "Was man manchmal aus dem amerikanischen Wahlkampf hört, ist auch nicht nur ermutigend", sagte sie. Das Zeitfenster für den Erfolg der Verhandlungen sei nicht groß. Die WTO-Verhandlungen sind seit Monaten festgefahren. Eine Ministerrunde, die den Prozess wiederbeleben soll, kommt möglicherweise bereits in der nächsten Woche zusammen.

Brasilien gilt als Wortführer in der G-20, in der sich Entwicklungs- und Schwellenländer zusammengeschlossen haben. Von den Industrieländern fordern sie einen Abbau von Importquoten, Zöllen und Subventionen im Agrarsektor.

Biosprit Vorbild für Deutschland

Bei der Besichtigung des VW-Werks bezeichnete sie die starke Nutzung von Biosprit in Brasilien auch als Vorbild für Deutschland. Die Schritte, die in Brasilien bereits gegangen worden seien, würden in Deutschland "später genommen" werden. Merkel betonte aber erneut, dass dies nicht auf Kosten "der Wälder der Erde" getan werden dürfe. Bei ihren Gesprächen in Brasilien hatte sie auch darauf gedrungen, die soziale Lage der Landarbeiter mehr in den Blick zu nehmen.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat unterdessen in der historischen Ruinenstadt Machu Picchu gegen die Vernichtung des Regenwaldes durch die Produktion von Biosprit demonstriert. Aktivisten hätten ein Banner mit der Aufschrift "Save the forrest. Save the climate" (Schützt den Wald. Schützt das Klima) entrollt, sagte Corinna Hölzel, Urwaldexpertin von Greenpeace Deutschland, in der peruanischen Hauptstadt Lima. Das Anbringen der deutschen und spanischen Versionen der Transparente hätten Ordner verhindert.

Bei dem Lateinamerika-Gipfel wollen die Länder des Subkontinents und die Staaten der EU versuchen, ihre strategische Partnerschaft zu vertiefen. Der Prozess der Annäherung war allerdings in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten. Auch weil die Länder Lateinamerikas unterschiedliche Positionen vertreten. Die lateinamerikanischen Länder fordern unter anderem einen besseren Zugang zum EU-Binnenmarkt sowie den Abbau von Agrarsubventionen.

Treffen mit Morales angestrebt

Nach Informationen aus der Delegation will Merkel am Rande des Gipfels auch versuchen, mit linksnationalistisch ausgerichteten Regierungschefs wie Boliviens Präsident Evo Morales zusammenzukommen.

Merkel wird auf dem Gipfel auch deshalb eine wichtige Rolle einnehmen, weil die anderen großen europäischen Länder wie Großbritannien, Frankreich und Italien nicht durch die Spitzen der Regierung vertreten sind. So wird Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nicht nach Lima reisen.

1200 deutsche Firmen in Sao Paulo

Mit dem Besuch des VW-Werks wollte die Kanzlerin das Engagement deutscher Unternehmen in Brasilien würdigen. 1200 Firmen deutschen Ursprungs beschäftigen 250.000 Menschen in dem größten Land Südamerikas. Die meisten haben ihren Sitz in Sao Paulo, das deswegen als größte deutsche Industriestadt überhaupt gilt. VW do Brasil ist größter Automobilhersteller und mit einem Umsatz von 10,6 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr das fünftgrößte Unternehmen des Landes.

In dem VW-Werk werden Pkw's mit sogenannten flexiblen Motoren hergestellt, die jede bekannte Art von Benzin und Biokraftstoffen vertragen. Brasilien ist weltweit der zweitgrößte Hersteller von Biokraftstoff. Ein hoher Prozentsatz der Autos in dem 180 Millionen Einwohner zählenden Land fährt bereits mit Benzin-Biokraftstoff-Mischungen.

Quelle: ntv.de

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