Überraschungsbesuch im Irak Blinken warnt pro-iranische Milizen
06.11.2023, 04:31 Uhr Artikel anhören
Antony Blinken - mit Schutzweste am Flughafen in Bagdad - wartet darauf, dass er in einen Hubschrauber steigen kann.
(Foto: AP)
Die Attacken auf die im Irak und in Syrien stationierten US-Truppen mehren sich in den letzten Wochen. Washington macht dafür pro-iranische Kräfte verantwortlich. An die richtet der US-Außenminister seine Worte bei einem unangekündigtem Besuch in der Region.
US-Außenminister Antony Blinken ist nach Besuchen in mehreren Ländern des Nahen Ostens überraschend auch in den Irak gereist. Er traf sich dort am Sonntag mit Ministerpräsident Mohammed al-Sudani, wie die staatliche irakische Nachrichtenagentur INA berichtete. In Bagdad war Blinken am Abend am Flughafen mit Schutzweste zu sehen. Der Besuch inmitten des Gaza-Kriegs steht auch vor dem Hintergrund zunehmender Angriffe pro-iranischer Milizen auf US-Truppen im Irak.
"Wer auch immer den Konflikt in Gaza ausnutzen will, um unsere Mitarbeiter hier oder anderswo in der Region zu bedrohen - lasst es", sagte Blinken im TV-Sender "Sky News" in einer Warnung an die pro-iranischen Milizen. Deren Angriffe und Drohungen seien "absolut inakzeptabel". Die USA suchten keinen Konflikt mit dem Iran, würden aber "jeden nötigen Schritt unternehmen, um unsere Leute zu schützen". Das Treffen mit Al-Sudani bezeichnete Blinken als "produktiv, offen und wichtig".
Die ohnehin instabile Sicherheitslage im Irak hat sich seit Beginn des Gaza-Kriegs zwischen der islamistischen Hamas und Israel verschärft. Abu Ali al-Askari, Sprecher der mächtigen Miliz Kataib Hisbollah, hatte Blinken vorher verbal angegriffen und ihm im Fall eines Besuchs mit "beispielloser Eskalation" gedroht.

In Bagdad protestieren Anhänger des irakischen schiitischen Geistlichen al-Sadr gegen Blinkens Besuch und für die Unterstützung der Palästinenser.
(Foto: dpa)
Washington wirft iranischen und pro-iranischen Milizen vor, für die Angriffe verantwortlich zu sein. Zu einigen der Angriffe bekannte sich eine Gruppe mit dem Namen "Islamischer Widerstand im Irak" über Kanäle im Onlinedienst Telegram, die mit Iran-nahen schiitischen Gruppen in Verbindung stehen. Vor allem die mit Teheran verbündeten Milizen und politischen Kräfte im Irak fordern den vollständigen Abzug der verbleibenden US-Truppen.
Nach Angaben des Pentagon wurden zwischen dem 17. Oktober und dem 3. November rund 17 Angriffe im Irak und zwölf in Syrien verzeichnet. Die USA haben etwa 900 Soldaten in Syrien und rund 2500 im Irak stationiert, die zusammen mit Verbündeten die Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) vor Ort bekämpfen.
Seekorridor soll humanitäre Hilfe ermöglichen
Vor seinem unangekündigten Besuch im Irak legte der US-Außenminister einen Zwischenstopp auf Zypern ein. Im Rahmen seiner Vermittlungsbemühungen in Nahost besprach Blinken mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulides die Einrichtung eines humanitären Seekorridors zwischen der Mittelmeerinsel und dem Gazastreifen. Bei dem Gespräch der beiden Politiker auf dem Flughafen von Larnaca sei es um einen "einseitigen Seekorridor" gegangen, sagte Regierungssprecher Konstantinos Letymbiotis. Dieser solle die "anhaltende humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen von Zypern aus" ermöglichen.
Der Vorstoß Nikosias werde von Frankreich, der EU-Kommission und Israel unterstützt, hatte Präsident Christodoulides zuvor vor Journalisten mitgeteilt. "Auf dieser Grundlage sprechen wir mit den Vereinten Nationen", sagte Christodoulides. Damit die Hilfe bei der Bevölkerung ankomme, werde die UNO sie entgegennehmen "und nicht die Hamas". Derzeit werde über die Einzelheiten diskutiert. Aus seiner Sicht ist Zypern aufgrund seiner guten Beziehungen zu umliegenden arabischen Ländern sowie wegen seiner geografischen Nähe zum nordwestlichen Gazastreifen gut als Ausgangspunkt für humanitäre Hilfslieferungen in den Gazastreifen geeignet.
Quelle: ntv.de, hul/AFP/dpa