Chinesischer Spitzenpolitiker stolpert über Mordskandal Bo Xilai legt Teilgeständnis ab
24.08.2013, 18:37 Uhr
Bis zu seiner Verhaftung war Bo Xilai ein hochrangiges Mitglied der Partei; unter anderem hatte er das Amt des Handelsministers inne.
(Foto: Reuters)
Der gefallene Spitzenfunktionär der kommunistischen Partei, Bo Xilai, hat jetzt erstmalig eine Mitverantwortlichkeit für die ihm vorgeworfenen Delikte eingeräumt. Im Prozess sagt er aus, dass er den Machenschaften seiner Frau hätte nachgehen müssen.
Der gestürzte chinesische Spitzenfunktionär Bo Xilai hat vor Gericht eine Mitverantwortung am Mordskandal um seine Frau eingeräumt. Er sei nicht richtig mit den Mordvorwürfen gegen sie umgegangen, sagte er. "Ich schäme mich", betonte der 64-Jährige am dritten Prozesstag laut Verhandlungsprotokollen des Gerichts im ostchinesischen Jinan. Entgegen der Vorwürfe der Anklage habe er jedoch nicht seine Macht als Parteichef der 30-Millionen-Metropole Chongqing genutzt, um die Mordtat seiner Frau zu vertuschen.
Der Politkrimi um Mord, Korruption und Gier hält das Milliardenreich China seit mehr als einem Jahr in Atem. Im November 2011 wurde der 41-jährige Brite Neil Heywood tot in einem Hotelzimmer gefunden. Damals hieß es, er sei an übermäßigem Alkoholkonsum gestorben. Bo erzählte nun, am 28. Januar 2012 habe ihm gegenüber sein Polizeichef Wang Lijun plötzlich eine Verantwortung von Bos Frau Gu Kailai für den Tod Heywoods angedeutet. "Ich habe gedacht, dass Gu Kailai so eine zerbrechliche Person ist, die niemals einen Mord begehen könnte."
Ehemaliger Vertrauter Wang bekundet Angst vor Bo
Wang und Bo waren lange enge Vertraute und stilisierten sich in Chongqing als Kämpfer gegen das organisierte Verbrechen. Anfang 2012 überwarf sich der 53-jährige "Super Bulle" mit Bo Xilai. Aus Angst um sein Leben flüchtete Wang Lijun in ein US-Konsulat, wo er über den Mord und andere Machenschaften auspackte. Im September 2012 wurde er wegen Korruption, Fahnenflucht und Amtsmissbrauchs zu 15 Jahren Haft verurteilt. Gu Kailai wurde wegen Mordes im August 2012 zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt.
Bo erzählt weiter, dass er seine Frau mit Wangs Vorwürfen konfrontiert habe. Die 54-Jährige habe entgegnet, Wang wolle ihr eins auswischen. Das habe er zunächst geglaubt, sagte Bo. Er habe Wang zur Rege gestellt und ihm eine Ohrfeige verpasst.

Durch Wang Lijuns Aussagen, kamen die mutmaßlichen Machenschaften von Bo und Gu erst an die Öffentlichkeit.
(Foto: Reuters)
Der einstige Vertraute Wang sagte vor Gericht über die Szene: "Das war nicht nur ein Klaps. Ich merkte, dass Blut aus meinem Mund kam." Er habe große Angst gehabt, berichtete Wang. Seine Mitarbeiter und andere Leute, die mit dem Fall vertraut waren, seien verschwunden. Für ihn sei klar gewesen, dass Bo den Fall vertuschen wollte.
Für Wangs Flucht in das US-Konsulat trage er eine Mitschuld, sagte Bo. "Das hatte einen Einfluss auf das Ansehen der Partei und das Land. Ich schäme mich." Er habe den Fall nicht in Ruhe behandelt und eine falsche Entscheidung getroffen. "Dafür bin ich bereit, die entsprechende Verantwortung zu tragen." Darüber hinaus sei ihm jedoch nichts vorzuwerfen.
"Ich habe mich nicht über das Gesetz gestellt, um Gu Kailai zu schützen", sagte Bo. Er habe weder medizinische Unterlagen manipuliert noch Wang gezwungen, zu den USA überzulaufen. Er machte jedoch nicht klar, ob er an einer Verantwortung seiner Frau für den Mord zweifelt.
Bestechung per Telefon?
Neben Machtmissbrauch wirf die Anklage dem ehemaligen Mitglied der politischen Elite Chinas auch Korruption und Unterschlagung vor. Insgesamt soll er 21 Millionen Yuan, umgerechnet 2,5 Millionen Euro, Bestechungsgeld angenommen haben. Das wies Bo entschieden zurück.
Allerdings räumte er auch hier eine Mitschuld an veruntreuten Staatsgeldern ein. Wiederum geht es um seine Ehefrau Gu Kailai. Er sei Unregelmäßigkeiten auf ihrem Bankkonto nicht nachgegangen und deshalb "beschämt", sagte er laut Veröffentlichungen des zuständigen Gerichts. Die fraglichen fünf Millionen Yuan (etwa 610.000 Euro) habe er aber nicht persönlich veruntreut. Ein Zeuge hatte dagegen nach eigener Aussage mit angehört, wie Bo seine Ehefrau Gu Kailai telefonisch anwies, das Geld für ein staatliches Bauprojekt anzunehmen. Bo erwiderte darauf, dass nicht einmal der dümmste Beamte Bestechung am Telefon besprechen würde.
Kritik an einseitiger Berichterstattung der Medien
Schon die ersten beiden Verhandlungstage hatte der sichtlich abgemagerte Beschuldigte zur Abrechnung mit seinen Anklägern genutzt. Seine Frau, die ihn am Freitag in einer vorab aufgezeichneten Videoaufnahme belastete, nannte er eine "geistesgestörte" Lügnerin, ihre Aussagen "lächerlich".
Das Verfahren wird am Sonntag fortgesetzt. Beobachter sehen darin einen Schauprozess, mit dem die Staatsführung ihren verschärften Kampf gegen Korruption demonstrieren will. Ein Schuldspruch samt langer Gefängnisstrafe gilt als ausgemacht. Chinesische Medien halten sich bei der Berichterstattung größtenteils an die Vorgaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua, die Bos Argumente zur eigenen Verteidigung weitgehend außen vor lässt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP