Politik

Sippenhaft in China? Bo Xilais Sohn bezweifelt fairen Prozess

Die Ankündigung für den Prozess gegen Bo Xilai in Jinan.

Die Ankündigung für den Prozess gegen Bo Xilai in Jinan.

(Foto: AP)

Wird der gestürzte Politiker Bo Xilai zumindest teilweise seine Schuld eingestehen, um seinen Sohn vor Repressionen zu schützen? Der in den USA studierende Bo Guagua nährt selbst solche Spekulationen.

Der Sohn des gestürzten chinesischen Spitzenpolitikers Bo Xilai hat Zweifel, ob sein Vater ein gerechtes Verfahren erwarten kann. Zwei Tage vor Prozessbeginn äußerte der 25-jährige Bo Guagua die Befürchtung, dass sein Vater in einem Tauschhandel die erhobenen Vorwürfe akzeptieren könnte, um seinem Sohn ein unbehelligtes Leben zu ermöglichen. Bo Xilai muss sich ab Donnerstag wegen "Bestechlichkeit, Unterschlagung und Amtsmissbrauchs" vor einem Volksgericht in Jinan (Provinz Shandong) verantworten.

Die Anklage gegen das frühere Politbüromitglied ist der bedeutsamste Prozess in der jüngeren Geschichte der Kommunistischen Partei. Der 64-Jährige war einst der aufsteigende Stern am Polithimmel Chinas. Der Skandal vernichtete seine Aussichten, in die engste Führung aufzurücken und nährte vor dem Generationswechsel im vergangenen Jahr auch Spekulationen über einen Machtkampf.

"Ich hoffe, dass meinem Vater in seinem bevorstehenden Prozess die Gelegenheit gewährt wird, seinen Kritikern zu antworten und sich ohne irgendwelche Einschränkungen verteidigen zu können", hieß es in einer seltenen Erklärung des Sohnes, die die "New York Times" veröffentlichte. "Wenn mein Wohlergehen für die Unterwerfung meines Vaters oder die weitere Kooperation meiner Mutter eingetauscht wurde, dann wird das Urteil offenkundig kein moralisches Gewicht haben."

Kein Kontakt möglich

Ihm sei seit 18 Monaten der Zugang zu seinen Eltern verweigert worden, beklagte Bo Guagua, der an der juristischen Fakultät der amerikanischen Columbia Universität studiert. Er sprach von einer "heimlichen Inhaftierung". Seine Mutter war vor einem Jahr wegen Mordes an dem britischen Geschäftsmann und Familienfreund Neil Heywood zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt worden, was meist in lebenslange Haft umgewandelt wird.

Seine Mutter sei "jetzt zum Schweigen gebracht worden und schutzlos", erklärte Bo Guagua und beklagte Angriffe auf ihre Reputation. Er enthüllte einen "plötzlichen Zusammenbruch" im Jahr 2006, nach dem sich seine Mutter zurückgezogen habe. Schon nach Ausbruch des Skandals war viel über den körperlichen und geistigen Zustand seiner Mutter spekuliert worden. Als Motiv für den Mord an dem Briten waren Streitigkeiten um geschäftliche Dinge der Familie genannt worden, bei denen Heywood behilflich war.

Der Prozess ist der vorläufig letzte Akt der Affäre, die seit mehr als einem Jahr das Milliardenvolk in Atem hält. Bo Xilai war wegen seiner Sozialpolitik und "roten Kampagnen" als Parteichef der Metropole Chingqing zum Hoffnungsträger der linken Kräfte in der Partei aufgestiegen. Ob sich seine Unterstützer aber trauen, zum Gericht zu ziehen, erschien höchst ungewiss. Jinan war eigens für den Prozess ausgewählt worden, weil Bo Xilai nie in der Provinzhauptstadt gearbeitet hatte und dort wenig Anhänger hat, wie Experten meinten.

Vor dem Volksgericht bereitete sich die Polizei mit Gittern darauf vor, das Gebäude weiträumig abzusperren. Zahlreiche Journalisten aus dem Ausland oder aus Hongkong und Taiwan sind angereist, können aber nicht direkt an dem Prozess teilnehmen. Chinas Staatsmedien wurden angewiesen, nur die offiziellen Berichte der Nachrichtenagentur Xinhua zu drucken.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen