Türkischer Vertreter beim NSU-Prozess Botschafter sitzt zwischen Nazis
08.03.2013, 10:44 Uhr
Fahnungsplakat von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wenn ab April der NSU-Prozess verhandelt wird, stehen im Gerichtssaal nur 50 Besucherplätze zur Verfügung. Zwei Repräsentanten der Türkei bekommen darum keinen eigenen Platz, sondern müssen sich unters Volk mischen – und das könnte in diesem Fall auch aus vielen Neonazis bestehen. Der NSU-Ausschuss reagiert empört.
Die Münchner Justiz hat vor dem NSU-Prozess um die Mordserie des Zwickauer Neonazi-Trios nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" für einen diplomatischen Eklat gesorgt. Obwohl acht der zehn Opfer des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) Türken waren oder aus der Türkei stammten, lehnte der Vorsitzende Richter im NSU-Prozess, Manfred Götzl, die Bitte des türkischen Botschafters nach einer Sitzplatzreservierung ab. Auch der Menschenrechtsbeauftragte des türkischen Parlaments soll demnach keinen festen Platz bekommen.
Vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) muss sich ab dem 17. April die einzige Überlebende des Neonazi-Trios, Beate Zschäpe, zusammen mit vier mutmaßlichen NSU-Helfern verantworten. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte beim Gericht um eine Sitzplatzreservierung für die beiden offiziellen Vertreter der Türkei gebeten.
Edathy wettert gegen Gericht
In einem Brief habe Richter Götzl geantwortet, der Bitte könne nicht entsprochen werden. Es stehe dem Botschafter und dem Parlamentsvertreter frei, sich als Teil der allgemeinen Öffentlichkeit zum Gericht zu begeben. Der Platz im Gerichtssaal sei beengt, Ausnahmen würden nicht gemacht.
Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), zeigte sich in der Süddeutschen "verwundert" über die Antwort und nannte sie "nicht nachvollziehbar" und "unangemessen": "Soll sich der türkische Botschafter etwa in die Schlange der Besucher einreihen, zusammen mit Neonazis, die zum Prozess wollen?"
Das Münchner Oberlandesgericht (OLG) steht seit längerem wegen der Organisation des weltweit beachteten Verfahrens in der Kritik. Der Justiz wird vor allem vorgeworfen, sich nicht ausreichend um einen größeren Saal bemüht zu haben. In dem gewählten Saal gibt es nur etwa fünfzig Plätze für Journalisten und fünfzig Plätze für die allgemeine Öffentlichkeit.
Quelle: ntv.de, AFP