Seehofer verteidigt Energiepolitik Bremser? Ich?
27.11.2014, 23:07 Uhr
Moment mal - als Öko-Bremser will CSU-Chef Seehofer nicht dastehen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Gas und Kohle - ja. Trassenausbau - mal sehen. Seehofer steht seit Monaten für seine Energiepolitik in der Kritik. Fälschlicherweise. Davon ist zumindest er überzeugt.
Bescheiden tritt Horst Seehofer an diesem Abend nicht unbedingt auf: "Ich bin einer der Initiatoren der Energiewende", behauptet er. Dann erklärt der CSU-Chef: Zunächst habe er die Idee der Abkehr von der Atomenergie und des Ausbaus Erneuerbarer in seiner Partei durchgesetzt. Und jetzt gelte: "Bayern steht bei der Nutzung der Öko-Energie unbestritten an erster Stelle."
Seehofer hat in die bayerische Vertretung in Berlin geladen. Das Thema "Energie". Er will offensichtlich sein Image des Energiewende-Bremsers loswerden.
Bayern steht derzeit bei der Umstellung auf Erneuerbare tatsächlich an erster Stelle. Zumindest laut der "Bundesländer Vergleichsstudie Erneuerbare Energien", die am Mittwoch erschienen ist. Aber war da nicht was?
Seehofersche Zuspitzung
Die Sache mit dem "Initiator" fällt wohl in die Kategorie Seehoferscher Zuspitzung. Schließlich zählte er vor der Reaktorkatastrophe von Fukushima zu den Unionspolitikern, die unbegrenzte Laufzeiten für Atomkraftwerke forderten und zu denen, die sehr lange davor warnten, dass in der Bundesrepublik das Licht ausginge, wenn die AKW vom Netz gehen.
In diesem Punkt gibt er sich nun geläutert. Viele der Prognosen für Stromangebot und Stromnachfrage seien schlicht falsch gewesen, sagt er. Dann macht er deutlich, dass er heute keine Bedenken mehr hat, sich von der Atomkraft zu trennen. Mit ein bis zwei zusätzlichen kleinen Gaskraftwerken lasse sich das ausgleichen, so Seehofer. Obendrein kündigt er eine bayerische Initiative zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung an. "Da kann man viel tun."
Die größte Kritik musste Seehofer in den vergangenen Monaten allerdings einstecken, weil er immer wieder am Plan für den Ausbau der Stromnetze krittelte. Ausreichend Leitungen gelten als entscheidende Grundlage dafür, dass künftig bei einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien in ganz Deutschland die Versorgungssicherheit gewährt bleibt.
Seehofer hatte wiederholt argumentiert, dass er die Notwendigkeit für einige geplante Trassen nicht sehe. Die Opposition im Bundestag wirft ihm deshalb eine Blockadehaltung vor und den Versuch Bayern auf Kosten der anderen Länder durch billiges Gas zu versorgen.
An seiner Grundhaltung ändert Seehofer hier wenig. Er versucht aber noch einmal, sie zu erklären. Wenn es keine "guten Argumente" dafür gebe, sehe er auch keinen Grund, die in Teilen der Bevölkerung unbeliebten Trassen durch Bayern zu bauen, sagt er. Und zwingende Gründe, dass man die Trassen in geplanter Form bauen müsste, habe er noch nicht gehört. Diesen Widerspruch spürten auch die Menschen im Lande.
Das Thema der Stunde
Dass sich Seehofer ausgerechnet jetzt noch einmal beim Thema Energie in Stellung bringt ist kaum ein Zufall. Das Thema dürfte die nächsten Wochen eine größere Rolle spielen. Denn erstens beginnt am Montag die UN-Klimakonferenz im peruanischen Lima. Zweitens will das Bundeskabinett am Mittwoch ein Klima- und Energiepaket beschließen, weil Deutschland Gefahr läuft, an den eigenen Klimazielen zu scheitern.
Bis 2020 will die Bundesregierung dem Ausstoß des klimaschädlichen Gases CO2 eigentlich um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 senken. Derzeit sieht es allerdings so aus, als würden es nur auf 30 bis 35 Prozent hinauslaufen.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der SPD erwägt deshalb bereits, den CO2-Ausstoß künftig zu deckeln. Ausgehend von einem Gesamtausstoß von rund 300 Millionen Tonnen will er den Unternehmen ein Minus von 22 Millionen Tonnen vorschreiben. Seehofer unterstützt die Pläne.
Dass die Opposition Seehofer künftig als Energiewende-Initiator feiern wird, ist dennoch mehr als fraglich. Nicht nur wegen seiner Zurückhaltung beim Trassenbau. Wie Gabriel steht Seehofer dafür ein, dass es künftig keine Ausdehnung der geplanten Deckelung geben dürfe, um die Industrie nicht zu sehr zu belasten. Obendrein hält auch er die Kohlekraft für eine Technologie, auf die man noch nicht zwingend verzichten müsse. Seehofer sagt: "Es gibt eine Schranke, und das ist die Gefährdung von Arbeitsplätzen."
Quelle: ntv.de