Umstrittener Abgeordneter bekommt den Posten Bulgaren protestieren gegen neuen Geheimdienstchef
14.06.2013, 20:11 Uhr
Mit Rufen wie "Mafia!" und "Rücktritt!" protestierten Demonstranten gegen den neuen Geheimdienstchef.
(Foto: REUTERS)
Geheimdiensterfahrung hat er keine - trotzdem wird er zum Chef der Behörde in Bulgarien: Deljan Peewski, Sohn einer Medienunternehmerin. Der Präsident des Landes reagiert geschockt.
Die Wahl eines umstrittenen Unternehmersohns zum Chef des bulgarischen Geheimdienstes DANS sorgt in Sofia für Empörung. Sein Vertrauen in das erst im Mai gewählte Abgeordnetenhaus sei nach der Abstimmung "erschöpft", sagte Präsident Rosen Plewneliew. Er forderte das Parlament auf, die Entscheidung zu überdenken. In sozialen Netzwerken wurde zu Protesten gegen die Entscheidung aufgerufen.
Das Parlament hatte den von Ministerpräsident Plamen Orescharski vorgeschlagenen 32-jährigen Abgeordneten Deljan Peewski ohne Debatte zum Geheimdienstchef gewählt - obwohl er keinerlei Geheimdiensterfahrungen hat. Er ist der Sohn einer mächtigen Medienunternehmerin. Seiner Mutter Irena Krastewa gehören unter anderem mehrere Zeitungen und ein Fernsehsender.
Eine der Zeitungen hatte Ex-Regierungschef Bojko Borissow vor der Neuwahl im Mai Fälschungspläne unterstellt, die sich nicht bestätigten. Borissow sah darin den Versuch, seinen Ruf zu schädigen. Der zum Geheimdienstchef gewählte Peewski unterstützt die Übergangregierung des Ökonomen Orescharski.
Präsident fürchtet dauerhaft negative Folgen
Der neue Chef des DANS war trotz seiner jungen Jahre schon Jahr 2005 stellvertretender Minister für Katastrophenhilfe, nach nur sieben Monaten als Ermittler in Sofia. Zwei Jahre später musste er sein Amt wegen Korruptionsvorwürfen niederlegen, wurde aber freigesprochen.
Dass der Unternehmersohn nun eine so mächtige Position ergatterte, sorgte auch bei ausländischen Diplomaten für Erstaunen. Der britische Botschafter Jonathan Allen fragte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, warum die Ernennung "ohne Anhörung, Debatten oder Vorstellung des Kandidaten durchgejagt" worden sei. Die Menschenrechtsorganisation Helsinki-Komitee erklärte, die Entscheidungen des Parlaments seien von "mächtigen Unternehmergruppen" bestimmt.
Staatschef Plewneliew kündigte an, aus Protest gegen die Parlamentsentscheidung am Abend eine wichtige Regierungsveranstaltung zu boykottieren. Außerdem rief er zum kommenden Donnerstag seinen Beraterstab für nationale Sicherheit ein. In einer Rundfunkansprache sagte er: "Das ist eine Anstellung mit dauerhaft negativen Folgen für Bulgarien." Dieses Amt erfordere ein "hohes Ansehen" angesichts des internationalen Kampfes gegen das organisierte Verbrechen und den Terrorismus.
Am Abend protestierten Tausende Bulgaren gegen Peewski. "Mafia!" und "Rücktritt!" riefen die Menschen vor dem Regierungssitz in Sofia. Sie forderten das Kabinett aus Sozialisten und Vertretern der Türkenpartei DPS auf, die Wahl des neuen Geheimdienstchefs wieder rückgängig zu machen. Sozialisten-Chef Sergej Stanischew bezeichnete die Proteste gegen Peewski als einen "Plan zur Destabilisierung des Landes". Proteste gab es auch in Warna am Schwarzen Meer.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP