"Flucht, Vertreibung, Versöhnung" Bundestag bestätigt Stiftungsrat
08.07.2010, 15:37 Uhr
Nazi-Deutschland verfolgte brutale Expansionspläne. (Im Bild: 1. September 1939, deutsche Soldaten überfallen Polen)
(Foto: picture-alliance / dpa)

Steinbach verzichtet auf ihren Sitz im Stiftungsbeirat, konnte dafür jedoch erhebliche Zugeständnisse erreichen.
(Foto: APN)
Nach monatelangem Streit ist die Besetzung des Rats der "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" vom Bundestag abgesegnet worden. Mit der Mehrheit der schwarz-gelben Koalition stimmten die Abgeordneten der Zusammensetzung des insgesamt 19 ständige Mitglieder umfassenden Gremiums zu. Für den Bundestag entsandten die Abgeordneten auf Antrag von Union, FDP und SPD Klaus Brähmig (CDU), Stephan Mayer (CSU), Angelica Schwall-Düren (SPD) und Lars Lindemann (FDP) in den Stiftungsrat. Grüne und Linkspartei protestierten gegen die Zusammensetzung des Rats, in dem unter anderem auch sechs Mitglieder des Bundes der Vertriebenen (BdV) vertreten sind.
Die Ende 2008 ins Leben gerufene Vertreibungsstiftung soll laut Satzung "im Geiste der Versöhnung" die Erinnerung an Flucht und Vertreibung im Zweiten Weltkrieg als Folge der nationalsozialistischen Expansionspolitik wachhalten. Außer dem Bundestag und dem Vertriebenenbund entsenden auch die evangelische und katholische Kirche vier Vertreter, für den Zentralrat der Juden sitzen Salomon Korn und Lala Süsskind in dem Gremium. Der CSU-Abgeordnete Mayer begrüßte das Votum des Bundestags: Mit der Wahl sei "endlich die Zeit der Irritationen vorbei" und die Planungen für das Ausstellungszentrum in Berlin könnten beginnen.
Über die Besetzung des Stiftungsrats hatte es in der schwarz-gelben Koalition Streit gegeben: Außenminister Guido Westerwelle (FDP) befürchtete, dass eine Mitgliedschaft der in Polen umstrittenen Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach (CDU) die Beziehungen zum Nachbarland beschädigen könnte. Im Februar einigte sich die Bundesregierung mit dem BdV auf einen Kompromiss: Steinbach verzichtete auf ihren Posten, im Gegenzug wurde die Zahl der Sitze für den BdV von drei auf sechs erhöht.
"Undemokratische" Gesamtliste
Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck bezeichnete in der Aussprache die "Aufblähung der Sitze" zugunsten des Vertriebenenbunds als inakzeptabel. Die Grünen-Spitze kritisierte zudem in einer Erklärung die Benennung der BdV-Mitglieder Arnold Tölg und Hartmut Saenger als Stellvertreter für den Stiftungsrat. Beide seien mit Einlassungen aufgefallen, die dem Stiftungszweck der "Versöhnung mit unseren Nachbarn diametral entgegenlaufen" erklärten Renate Künast, Jürgen Trittin, Volker Beck, Katrin Göring-Eckardt und Claudia Roth.
Schwall-Düren, die von der SPD in den Stiftungsrat entsandt wurde, sagte, sie stimme dem Besetzungsvorschlag "trotz großer persönlicher Bedenken" gegen Tölg und Saenger zu, da am positiven Engagement der anderen Stiftungsmitglieder kein Zweifel sein könne. Die Linken-Abgeordnete und ehemalige Bundespräsidenten-Kandidatin Luc Jochimsen kritisierte das Wahlverfahren als "undemokratisch", da die Abgeordneten nur über die Gesamtliste der 19 Mitglieder abstimmen durften.
Quelle: ntv.de, AFP