Skandal noch nicht ausgestanden Bundestag rollt Edathy-Affäre auf
02.07.2014, 10:23 Uhr
Sebastian Edathy beharrt darauf, kein strafbares Material besessen zu haben. Ob das stimmt, prüft die Staatsanwaltschaft Hannover. Ein Bundestagsuntersuchungsausschuss rollt die politische Dimension des Falles auf.
(Foto: picture alliance / dpa)
Bilder von nackten Kindern, eine Flucht ins Ausland, Spitzenpolitiker, die mehr wissen, als sie dürfen, ein Rücktritt. Ein Untersuchungsausschuss macht sich an die Aufklärung der Edathy-Affäre. Die Ermittlungen könnten weitere Politiker ihren Job kosten.
Als Sebastian Edathy am 7. Februar sein Bundestagmandat niederlegte, erschreckten sich viele im politischen Berlin. Edathy erklärte seinen Rücktritt an diesem Tag mit "gesundheitlichen Gründen". Nur wenig später wandelte sich das Erschrecken in Entsetzen. Ermittler durchsuchten die Wohnung des SPD-Politikers auf der Suche nach kinderpornografischem Material. Der 44-Jährige war da schon im Ausland. Die Edathy-Affäre war geboren und damit verbunden nicht nur die Frage, ob sich der Politiker strafbar gemacht hat, sondern auch, ob bei den Ermittlungen alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Schließlich muss Edathy von den Ermittlungen gegen ihn gewusst haben. Warum sonst ist er untergetaucht?
Mit der Frage nach der Schuld Edathys befasst sich schon seit Monaten die Staatsanwaltschaft Hannover. Jetzt wird auch die politische Dimension in einem offiziellen Rahmen aufgearbeitet: Der Bundestag setzt an diesem Mittwoch einen Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre ein. Am Abend folgt die konstituierende Sitzung.
Edathy soll zwischen 2005 und 2010 mehr als 30 Videos und Fotosets mit Bildern nackter Kinder im Alter von 9 bis 14 Jahren bei einem kanadischen Anbieter heruntergeladen haben. Das geht angeblich aus Kundenlisten hervor. Das Bundeskriminalamt (BKA) erfuhr im Jahr 2011 davon. Es wurde zunächst aber nicht aktiv. Das Innenministerium informierte es sogar erst zwei Jahre später über den Fall. Und das ist nur der Beginn der Auffälligkeiten.
Einen Minister kostete die Affäre schon das Amt
Der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU informierte im Zuge der Koalitionsverhandlungen SPD-Chef Sigmar Gabriel über den Verdacht gegen Edathy. Friedrich musste deshalb wenig später das Bundeskabinett verlassen. Eine Frage für den Ausschuss ist nun, inwiefern er sich dabei der Weitergabe von Dienstgeheimnissen schuldig gemacht hat.
Angesichts der Umstände von Edathys Rückzug aus der Politik drängt sich eine andere Frage noch stärker auf: Trug die SPD-Spitze diese Informationen an Edathy weiter und warnte ihn so vor den Ermittlungen?
Bis die Ausschussmitglieder Antworten auf diese Fragen gefunden haben, werden Monate vergehen. Der Ausschuss will möglichst noch vor dem Beginn der parlamentarischen Sommerpause Akten zum Fall Edathy einfordern. Dann muss ein intensives Studium folgen. Geplant sind zudem Zeugenbefragungen. Einer dürfte Edathy selbst sein. Der befindet sich zwar im Ausland, ist über seine Anwälte aber stets erreichbar und angeblich auch bereit, die Ermittlungen zu unterstützen.
Edathy beteuert seine Unschuld und wirft den Ermittlungsbehörden unter anderem vor, seine Immunität verletzt zu haben und ihn als Person öffentlich zu diskreditieren.
Der Untersuchungsausschuss hat bei seiner Arbeit weitreichende Befugnisse, er kann Zeugen sogar in Beugehaft nehmen. Am Ende der Arbeit des Ausschusses steht ein Abschlussbericht.
Wirklich glücklich ist die Bundesregierung über diese intensiven Ermittlungen angesichts der eigenen Verpflechtung in die Affäre erwartungsgemäß nicht. Union und SPD erklärten den Ausschuss zum falschen Instrument. Da Grüne und Linke vehement darauf pochten, wollten sie aber auf keinen Fall den Eindruck erwecken, die Aufklärung der politischen Dimension der Edathy-Affäre zu blockieren.
Quelle: ntv.de, ieh/dpa