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Mieten und Bauen im Wahlkampf Wie das Wohnen günstiger werden soll

Mietendeckel und Enteignungen lehnen die meisten Parteien ab.

Mietendeckel und Enteignungen lehnen die meisten Parteien ab.

(Foto: picture alliance / dpa Themendienst)

Für immer mehr Menschen wird Wohnen zur Existenzfrage: Platzt der Traum vom Eigenheim und damit die Altersvorsorge? Wie lange kann ich mir die Miete in meinem Stadtteil noch leisten? Mit diesen Ideen kämpfen die Parteien um Stimmen.

Die Mieten für neu oder wieder vermietete Wohnungen in den deutschen Großstädten steigen seit Jahren. Die Immobilienpreise sind in jüngster Zeit noch stärker gewachsen als zuvor. Aktuell legen zudem die Baupreise zu. Über die Parteigrenzen hinweg sind die Wohnkosten zu einer der zentralen sozialen Fragen geworden.

Vor allem Mieten in Ballungsräumen und Großstädten sehen die Parteien als drängendes Problem. Eine angebotene Wohnung in München kostet laut Deutschem Mieterbund zurzeit im Schnitt 18,48 Euro pro Quadratmeter, in Frankfurt am Main 15,75 Euro, in Berlin 13,68 Euro. Fast die Hälfte der rund 8,4 Millionen Miet-Haushalte in Deutschlands Großstädten geben mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aus, wie eine aktuelle, von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie ergab. Diese Marke gilt gerade für Haushalte mit niedrigem Einkommen als problematisch.

Zur Lösung haben die Parteien unterschiedliche Vorschläge in ihre Wahlprogramme geschrieben, die von staatlichen Eingriffen bis zur Entbürokratisierung reichen. SPD und Linke fordern einen Mietendeckel, die Union setzt auf mehr Tempo beim Bauen und die FDP auf den Dachausbau, die Grünen setzen Hoffnung in die Modul-Bauweise, und die AfD verknüpft sogar dieses Thema mit der Migration.

SPD: Mietenstopp und zentrales Immobilienregister

Die SPD hat das Wohnen zumindest online an die erste Stelle ihres Programms gesetzt. "Mietwucher werden wir wirksam unterbinden", verspricht Fraktionsvize Sören Bartol gegenüber ntv.de. "In angespannten Wohnlagen werden wir einen zeitlich befristeten Mietenstopp einführen, das bedeutet: Mieten können für eine bestimmte Zeit nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden." Außerdem wollen sich die Sozialdemokraten weiter für einen "massiven sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau" einsetzen. "Wir brauchen den Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 Sozialwohnungen", so Bartol. Er betont, die SPD habe bereits in der aktuellen Legislaturperiode viele Maßnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum auf den Weg gebracht. In Zukunft will die Partei laut Wahlprogramm unter anderem dazu beitragen, dass kommunale Wohnbauflächen nicht verkauft und Flächen zurückgekauft werden. Um die Spekulation mit Wohnraum einzudämmen, will die SPD die Eigentümerstrukturen über ein zentrales Immobilienregister transparent machen.

Linke: Sowohl Mieten als auch Bodenpreise deckeln

Auch für die Linke, die das Thema im ersten Fünftel ihres Wahlprogramms behandelt, zählt die Belastung durch Wohnkosten zu den ganz großen Fragen. Die Partei fordert gleich zwei Deckel, wie die wohnungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Caren Lay, mitteilt: erstens einen bundesweiten Mieten-Deckel, zweitens einen Bodenpreis-Deckel für Bauland. "Der größte Kostenfaktor beim Neubau sind die explodierenden Bodenpreise", sagt Lay. Gegensteuern soll hier auch eine Bodenwertzuwachs-Steuer. Daneben wollen die Linken ein Antispekulationsgesetz, "um die preistreibende Spekulation mit Wohnraum einzudämmen", sowie ein "Rettungsprogramm" für den sozialen Wohnungsbau. "Mit 15 Milliarden jährlich wollen wir den Bau von bezahlbaren kommunalen, genossenschaftlichen und gemeinnützigen Wohnungen vorantreiben, um das Angebot an bezahlbarem Wohnraum zu vergrößern", erläutert Lay.

Grüne: Maklerkosten senken und in Serie Bauen

Allein in den Städten ab 400.000 Einwohnern leben hierzulande mehr als 14,5 Millionen Menschen, wie Christian Kühn betont, wohnungspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion. Doch neben steigenden Mieten hält er auch wachsende Immobilen- und Bau-Preise für "sehr gravierende Probleme", auch wenn sich das Thema Wohnen erst in der Mitte des Wahlprogramms wiederfindet. Neben mehr Neubau von günstigem Wohnraum fordern die Grünen "wirksame Mietobergrenzen in den Mieten-Hot-Spots". Die "Mini-Mietpreisbremse" der Großen Koalition habe versagt, betont Kühn. "Beim Erwerb von Wohneigentum setzen wir uns für das Besteller-Prinzip bei den Maklerkosten ein und wollen außerdem die Maklercourtage deutlich reduzieren." Außerdem sollen die Kauf-Nebenkosten weiter sinken, indem die Länder einen niedrigeren Grunderwerbs-Steuersatz für private Käufer, die selbst in der Immobilie wohnen wollen, festlegen dürften. Für günstigeres und schnelleres Bauen will die Partei das serielle Bauen und Sanieren, also eine Modul-Bauweise besser fördern.

Union: Bauantrag soll nach zwei Monaten genehmigt sein

Bei der Union taucht das Thema erst im letzten Kapitel des Wahlprogramms auf. Der wohnungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Kai Wegner, verweist auf das bereits Erreichte. Die "guten Instrumente" wie Mietpreisbremse oder Mietspiegel müssten von den Behörden vor Ort aber auch konsequent angewendet werden. Das Hauptproblem sei die hohe Nachfrage: "In den letzten zehn Jahren ist die Einwohnerzahl in Deutschland um 2,9 Millionen Menschen gestiegen", erklärt Wegner. Seine Lösung: "bauen, bauen, bauen", bis 2025 sollen 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Bauland soll leichter verfügbar werden; Bauvorschriften, die die Preise treiben, sollen auf den Prüfstand; die Abschreibungsmöglichkeiten sollen besser, Genehmigungen schneller werden. "Ein Bauantrag für Wohnimmobilien soll nach zwei Monaten genehmigt sein", verspricht der CDU-Politiker. "Wenn trotz vorliegender Unterlagen keine Genehmigung erteilt wurde, soll der Antrag demnächst als genehmigt gelten."

FDP: 1,5 Millionen neue Dachwohnungen

Die FDP kommt ebenfalls erst gegen Ende ihres Programms aufs Wohnen zu sprechen, und auch die Liberalen setzen vor allem aufs Bauen: "mehr, schneller und günstiger", wie Daniel Föst mahnt, wohnungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. "Es wäre dringend nötig, die 20.000 Normen, Gesetze, Vorschriften und Verordnungen beim Bauen zu überprüfen und zu entschlacken." Genehmigungen müssten beschleunigt werden, unter anderem durch teilautomatisierte Verfahren. Auch die FDP hofft aufs serielle, modulare Bauen. Eine große Chance sieht die Partei zudem in der Dachaufstockung und dem Dachausbau. Dadurch könnten laut Föst 1,5 Millionen Wohnungen in Städten entstehen. Für Mieter, die knapp bei Kasse sind, empfehlen die Liberalen eine Ausweitung des Wohngelds und den Kauf von Belegrechten durch die Kommunen. Um mehr Menschen ein Eigenheim zu ermöglichen, wollen sie einen Grunderwerbsteuer-Freibetrag für selbstgenutztes Eigentum von bis zu 500.000 Euro.

AfD: Migration verschärft Wohnungsmangel

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Die AfD will laut ihrem Programm durch entsprechende Förderung "ein Land von Wohnungseigentümern werden", schenkt dem Wohnen darüber hinaus aber nur ein vergleichsweise kurzes Kapitel gegen Ende. Um den Anstieg der Immobilienpreise zu stoppen, möchte Udo Hemmelgarn, wohnungspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, Einfluss auf die EZB nehmen und so die Niedrigzinspolitik beenden. Bei den Mietwohnungen müsse das Angebot ausgeweitet werden. Es gehöre zu den "unangenehmen Wahrheiten, dass der seit 2015 anhaltende Zuzug von Migranten" die Nachfrage verstärkt und damit erheblich zur Verschärfung beigetragen habe, meint Hemmelgarn. Diese Probleme müssten gelöst werden. Ein weiterer Ansatz wäre für ihn, die Metropolregionen besser ans Umland anzubinden. Beim Bauen sieht die AfD einen Preistreiber in der Verschärfung energetischer Standards und fordert stattdessen eine Deregulierung.

Keine Enteignung, aber vielleicht ein Mietendeckel

Einen Mietendeckel hält außer Linken und SPD keine Partei für hilfreich. Auch eine Enteignung großer Wohnungskonzerne, worüber die Berliner in einem Volksentscheid abstimmen werden, lehnen bis auf die Linke alle Parteien ab. Die einhellige Meinung: Dadurch würden keine neuen Wohnungen geschaffen.

Quelle: ntv.de

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