Bundestag verlängert Mandat bis 2012 Bundeswehr bleibt in Afghanistan
28.01.2011, 11:38 Uhr
Bundeswehrsoldaten sichern bei Masar-i-Scharif einen Konvoi (Archivbild aus dem Jahr 2009).
(Foto: dpa)
Gegen die Stimmen von 116 Abgeordneten von Linkspartei und Grünen erteilt der Deutsche Bundestag einen weiteren Marschbefehl für die Bundeswehr in Afghanistan. Bis 2012 soll die Armee am Hindukusch kämpfen. Allerdings sollen Ende 2011 die ersten Soldaten zurückkehren, falls sich die Sicherheitslage gebessert hat.
Der Bundestag hat mit großer Mehrheit für den weiteren Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gestimmt. Damit stellte das Parlament zugleich die Weichen für einen Abzug. Die ersten Soldaten sollen schon Ende dieses Jahres Afghanistan verlassen - allerdings nur dann, wenn die Sicherheitslage dies erlaubt.
420 von 579 Abgeordneten sprachen sich in der namentlichen Abstimmung für das neue Mandat aus, 116 dagegen. 43 enthielten sich. Vor einem Jahr hatten 429 von 586 Parlamentariern für das damalige Mandat gestimmt, 111 waren dagegen und 46 enthielten sich.
Die 70 anwesenden Parlamentarier der Linkspartei votierten nach Angaben des Bundestags vollständig gegen die Vorlage. Bei den Grünen gab es danach 22 Nein- und 9 Ja-Stimmen. 34 ihrer Parlamentarier enthielten sich.

Wieder kein leichter Auftritt für Minister zu Guttenberg.
Bei der SPD stimmten 105 Abgeordnete zu. 20 Fraktionsmitglieder, vor allem aus Ostdeutschland, votierten mit Nein, acht weitere enthielten sich. Bei CDU/CSU gab es vier Nein- und 219-Ja-Stimmen. Bei einer Enthaltung stimmte die FDP-Fraktion mit 86-Ja Stimmen vollständig zu.
SPD stimmt zu und schießt gegen Guttenberg
Die SPD hatte trotz ihrer Zustimmung Verteidigungsminister zu Guttenberg kritisiert. Parteichef Sigmar Gabriel erklärte: "Wir jedenfalls stimmen heute der Mandatsverlängerung mit großer Mehrheit zu, weil wir den Strategiewechsel in Afghanistan für richtig und erfolgversprechend halten und nicht, weil wir etwa die regierungsinternen Kompromissformulierungen im Mandatstext richtig fänden." Gabriel spielte darauf an, dass zu Guttenberg keinen konkreten Termin für den Abzug nennen will.
Gabriel attackierte Guttenberg auch wegen seines Krisenmanagements in den aktuellen Affären um die Bundeswehr: "In Afghanistan und auch sonstwo, da braucht die Bundeswehr einen ruhigen Regisseur, aber nicht einen schillernden Darsteller."
Linke fordern Abzug
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, forderte einen vollständigen deutschen Abzug aus Afghanistan bis September. Die Kampftruppen sollten bereits im Mai zurückgeholt werden. Gysi bezeichnete die gesamte Mission als gescheitert. Die Armut habe zugenommen, das Ansehen der Taliban sei gestiegen. "Wofür führen Sie eigentlich Krieg?", rief Gysi. Er forderte SPD und Grüne auf: "Treten Sie aus der Kriegskoalition aus." Gysi betonte: "Terrorismus kann man nicht mit der höchsten Form des Terrorismus, mit Krieg, bekämpfen."
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin attackierte die Linke: "Wer einen Einsatz der Nato und einer Reihe weiterer Staaten - darunter viele muslimische Staaten - auf der Basis eines Mandates der Vereinten Nationen in eins setzt mit Terroristen und Verbrechern, der hat den Schuss nun wirklich nicht gehört." Er warf der Regierung aber ein schwammiges Mandat vor. Es sei unklar, wie lange Soldaten und Aufbauhelfer dort noch "in äußerster Gefahr" ihren Kopf hinhalten müssten. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele kritisierte: "Deutschland ist zu einer kriegsführenden Nation geworden." Im Interview mit der "Zeit" hatte Grünen-Chefin Claudia Roth zuvor einen konkreten Abzugstermin gefordert.
Westerwelle spricht von "Zäsur"
FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger warf Linken und Grünen Verantwortungslosigkeit vor. Außenminister Guido Westerwelle hatte den Einsatz zuvor als richtig bezeichnet. "Er darf aber nicht endlos sein", sagte er im ZDF. "Wir wollen dann zum Ende des Jahres die Präsenz unserer Bundeswehr erstmalig reduzieren und wir wollen im Jahre 2014 soweit sein, dass keinerlei Kampftruppen aus Deutschland mehr in Afghanistan notwendig sind." Dies sei eine "Zäsur".
Westerwelle begrüßte, dass die SPD bei der Abstimmung im Bundestag eine breite Mehrheit sicherstellte, kritisiere aber die Grünen, "die diesen Einsatz mit begonnen haben und sich heute, weil sie in der Opposition sind, ihrer Verantwortung entziehen."
Der Einsatz ist mit dem Beschluss um ein Jahr bis Februar 2012 verlängert. Die Höchstgrenze für das Bundeswehrkontingent soll bei 5000 Soldaten bleiben plus einer Reserve von 350 Mann. Derzeit sind 4860 Bundeswehrsoldaten dort im Einsatz. US-Präsident Barack Obama will das amerikanische Kontingent bereits Mitte dieses Jahres verringern - allerdings gilt auch dieses Ziel als nicht sicher.
Quelle: ntv.de, cba/dpa/AFP