Poker um Regierungsbündnisse CDU lässt sich nicht in die Karten schauen
11.10.2013, 20:12 Uhr
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel (l.), der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer (M.) und Kanzlerin Angela Merkel (r.) verlassen das Bundeskanzleramt, nachdem sie sich zu einem Gespräch getroffen hatten.
(Foto: dpa)
Schon die Sondierungsgespräche der CDU wirken wie ein Koalitionspoker. Nach den guten Gesprächen mit den Grünen scheint alles möglich - selbst Schwarz-Grün. Wahrscheinlicher ist Schwarz-Rot aber dennoch.
Es wirkt geheimnisvoll, wie die Limousinen vor dem Kanzleramt vorfahren. Einmal steigt Sigmar Gabriel aus, einmal Horst Seehofer. Treffen mit Merkel. Einen Tag zuvor das gleiche in Grün: Sondierungen zwischen der Merkel- und der Ökopartei. Es sind spannende Tage in Deutschland. Welche Koalition wird das Land regieren? Eigentlich ist es ja ganz einfach. Entweder Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün.
Doch in die Karten will sich niemand der Sondierer schauen lassen. Zu hören sind nur die üblichen Phrasen. Dass es konstruktive Gespräche gab. Oder sachliche. Oder, dass der Umgangston freundlich war. Die Union kann sich freuen: Ihr Pokerface ist überzeugend. Sie hat sich in eine komfortable Position sondiert. Ein Bündnis mit der SPD scheint ebenso möglich wie ein Zusammengehen mit den Grünen. Noch vor Beginn der Sondierungsgespräche sah das ganz anders aus. Angesichts der geringen Schnittmengen mit den Grünen, der jahrzehntelangen politischen Gegnerschaft und herzlicher Feindschaften wie der zwischen Jürgen Trittin und Horst Seehofer schien die SPD der einzig mögliche Koalitionspartner für die Union zu sein.
Zunächst sah die Ausgangssituation für die 25,7-Prozent-Partei SPD gar nicht so schlecht aus. Solange die Grünen keine ernsthafte Option für die CDU zu sein schienen, hätten Gabriel, Steinmeier und Kraft den Preis für eine Große Koalition genüsslich in die Höhe treiben können. Nun, da die CDU und CSU auch mit den Grünen gesprochen und sogar vereinbart haben, sich noch einmal zu treffen, ist die Union der SPD nicht mehr auf Gedeih, Verderb oder Neuwahlen ausgeliefert. Nun könnte die CDU als letztes Mittel doch noch Koalitionsverhandlungen mit den Grünen aufnehmen. So exotisch der Gedanke noch immer wirkt, ausgeschlossen ist das wohl tatsächlich nicht. Wahrscheinlich aber auch nicht.
Bundesrat ist entscheidender Faktor
Das hat nicht nur mit der traditionellen Gegnerschaft der beiden Parteien zu tun, die sich in den vergangenen Jahren sowieso ein wenig entspannt hat. Entscheidend sind vielmehr ganz realpolitische Gründe. Merkel hat immer betont, dass sie eine stabile Mehrheit möchte. Und die hätte sie mit den Grünen nicht – selbst wenn CSU und Grüne ganz einträchtig und friedlich zusammenarbeiten sollten. Der springende Punkt liegt im Bundesrat.
Die SPD führt in fünf Bundesländern eine Koalition mit den Grünen an, hinzu kommt die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg. Sicher würde sich die SPD nicht aus Rücksicht auf die Grünen in den neutralen Block zurückziehen, wo bereits Länder wie Berlin, Thüringen oder Sachsen-Anhalt mit ihren Großen Koalitionen sitzen. Die von Merkel herbeigesehnte stabile Mehrheit, wäre also nur mit der SPD möglich. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass es auch in Hessen zu einer Großen Koalition kommt – nur so käme Schwarz-Rot auch auf eine eigene Mehrheit von 36 Stimmen im Bundesrat.
Nicht so bei Schwarz-Grün. So gut wie jedes wichtige Gesetz bräuchte die Zustimmung der SPD. Der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag würde schnell zum heimlichen Regierungsgremium aufsteigen. Nach einer sicherlich nicht immer einfachen Einigung mit dem Koalitionspartner müsste Merkel sich noch einmal mit der SPD an einen Tisch setzen. Ob so die stabile Mehrheit aussieht, die sie sich wünscht?
Dass sich Merkel, Seehofer und Gabriel unter sechs Augen im Kanzleramt getroffen haben, ist ein Zeichen. Dafür, dass sie es ernst meinen mit den Sondierungsgesprächen. In einer so persönlichen Runde ist kein Platz für Spielchen. Im Gegenteil: Klartext steht auf der Tagesordnung – durchsickern wird aus so einem Gespräch nichts. Die drei Parteichefs demonstrieren mit ihrem Treffen also einen gewissen Einigungswillen – ob sie wollen oder nicht.
Quelle: ntv.de