Politik

Keine gesetzliche Regelung CDU plant "kleinen" Mindestlohn

Die Gewerkschaften fordern mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Davon ist Merkel noch weit entfernt.

Die Gewerkschaften fordern mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Davon ist Merkel noch weit entfernt.

(Foto: dpa)

Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie, der Abschaffung der Wehrpflicht und dem Infragestellen der Hauptschule vollzieht die CDU jetzt möglicherweise einen weiteren Tabubruch: Die Partei der Kanzlerin bewegt sich in der Frage von Mindestlöhnen. Allerdings nur ein kleines Stück. Von staatlichen Lohnvorgaben will sie weiter nichts wissen.

Die CDU gibt ihren Widerstand gegen einen allgemeinen Mindestlohn auf: "Die Frage ist nicht mehr, ob wir einen Mindestlohn haben werden, sondern wie man die richtige Höhe aushandelt", sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) der "Süddeutschen Zeitung". CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bestätigte dem "Tagesspiegel", die CDU wolle eine Tarifkommission, die eine Lohnuntergrenze festlegen solle.

Der Mindestlohn soll vor allem für jene Bereiche gelten, in den bislang noch keine tariflichen Mindestlöhne eingeführt wurden.

Der Mindestlohn soll vor allem für jene Bereiche gelten, in den bislang noch keine tariflichen Mindestlöhne eingeführt wurden.

(Foto: dapd)

Die CDU prüfe derzeit Modelle, in denen eine unabhängige Kommission aus Arbeitgebervertretern, Gewerkschaften und Wissenschaftlern Lohnuntergrenzen findet, sagte von der Leyen, die auch CDU-Vorstandsmitglied ist. Dies solle helfen, "faire und auskömmliche Löhne" auch dort durchzusetzen, wo weder Gewerkschaft noch Arbeitgeberverbände genügend Einfluss hätten.

Gröhe betonte, beim Thema Mindestlohn habe es "eine Bewegung aus der Mitte der Partei gegeben". Auf den Regionalkonferenzen sei deutlich zu spüren gewesen, dass es ein großes Bedürfnis gebe, im Bereich nicht-tariflich geregelter Beschäftigungsverhältnisse durch eine Lohnuntergrenze eine Gerechtigkeitslücke zu schließen. Für die CDU sei entscheidend, dass die Tarifautonomie gewahrt bleibe. Einen "politischen Mindestlohn" lehne er ab.

FDP sucht Zustimmungslücke

Wenn das Konzept Gesetz werden soll, müssen allerdings zunächst CSU und FDP überzeugt werden. Vor allem mit den Liberalen könnte das Thema für einige Diskussionen sorgen. Generalsekretär Christian Lindner zeigte sich in der "Süddeutschen Zeitung" erleichtert, "dass die Union offenbar nicht über einen von der Politik festgelegten Mindestlohn nachdenkt, sondern über eine Kommission". Einen "Linksruck" könne die FDP nicht unterstützen. Union und FDP hatten im Koalitionsvertrag einen allgemeinen Mindestlohn noch ausdrücklich abgelehnt.

In einigen Bereichen reicht der Lohn nicht zum Leben. Betreffende üben meist noch einen Nebenjob aus.

In einigen Bereichen reicht der Lohn nicht zum Leben. Betreffende üben meist noch einen Nebenjob aus.

(Foto: dpa)

Während die SPD wie die Gewerkschaften einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro fordert, gehen die Grünen von mindestens 7,50 Euro aus. Die FDP hatte stattdessen ein "Bürgergeld" gefordert,  das zum leben zu niedrige Gehälter zu einem Mindesteinkommen ausstocken wollte. Über die Höhe wurde sich die FDP bislang nicht einig. Die Linke verlangt ebenfalls einen gesetzlichen Mindestlohn, der 60 Prozent des nationalen Durchschnittseinkommens betragen soll.

Laut "WamS" beauftragte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nun zwei Vertreter unterschiedlicher Parteiflügel, ein gemeinsames Modell zu erarbeiten und sich mit Gewerkschaften und Arbeitgebern abzusprechen. Danach soll die von einer Kommission festgelegte Lohnuntergrenze von der Bundesregierung bestätigt und für alle Bereiche gültig werden, in denen es bisher keine Tarifvereinbarungen gibt.

Kompromiss auch für Leiharbeiter

In der Beschlussempfehlung für den Parteitag heißt es laut "Spiegel", die Untergrenze solle sich "am Tarifabschluss für Zeitarbeitnehmer orientieren". Zugleich wird die Zeitarbeitsbranche aufgefordert, sich schnell auf eine Einarbeitungsfrist zu einigen, nach der Leiharbeiter den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaften bekommen.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte dem "Handelsblatt", Ziel könne "keinesfalls ein bundesweiter Mindestlohn sein, der vom Parlament festgelegt wird". Ein Mindestlohn müsse immer an regionale Besonderheiten angepasst werden.

Warnung vor weiterem "Merkel-Murks"

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, erklärte, er stehe für Gespräche über eine konkrete Ausgestaltung des Mindestlohns zur Verfügung. Verdi-Chef Frank Bsirske begrüßte, dass Merkel das Thema "endlich zur Chefsache macht". Beide Gewerkschafter forderten einen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro pro Stunde.

Die SPD sei gern bereit, sich schnell mit der Koalition zusammenzusetzen und ein Gesetz zu verabreden, sagte der SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil der "Braunschweiger Zeitung". SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, die Union sehe allmählich ein, dass der allgemeine Mindestlohn unaufhaltsam sei. Es reiche aber nicht, schöne Worte wie "Lohnuntergrenze" im Mund zu führen. "Wir brauchen endlich einen verbindlichen, gesetzlichen Mindestlohn", erklärte sie. Vor diesem Bekenntnis scheue sich die Union aber.

Die Grünen warnten vor einem "weiteren Merkel-Murks beim Mindestlohn". Deren arbeitsmarktpolitische Sprecherin, Brigitte Pothmer, erklärte, eine Kommission aus Tarifpartnern und Wissenschaftlern könne Deutschland schnell und effektiv den Mindestlohn bringen". Linken-Chef Klaus Ernst forderte Merkel auf, die Parteien und Sozialpartner zur Erarbeitung eines "Mindestlohnkonsens" einzuladen. Ernst forderte einen Mindestlohn von zehn Euro je Stunde.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/rts/AFP

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