Politik

Grüne verdoppeln ihr Ergebnis CDU stärkste Kraft, SPD gescheitert, FDP draußen

CDU-Kandidat Haseloff umarmt Ministerpräsident Böhmer.

CDU-Kandidat Haseloff umarmt Ministerpräsident Böhmer.

(Foto: REUTERS)

Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt bringt vor allem den Liberalen eine schwere Schlappe ein. Die FDP verpasst laut vorläufigem amtlichen Endergebnis den Einzug ins Parlament. Die Grünen erfahren auf dem Hintergrund der Atom-Debatte starken Zuspruch und können ihr letztes Ergebnis fast verdoppeln. Stärkste Kraft bleibt die CDU unter ihrem neuen Spitzenkandidaten Haseloff. Er wird wohl auch der neue Ministerpräsident des Landes. Die SPD scheitert nämlich an ihrem Ziel, die Linke zu überholen.

SPD-Kandidat Bullerjahn nach der Prognose: Er will kein "kleiner Bruder" sein.

SPD-Kandidat Bullerjahn nach der Prognose: Er will kein "kleiner Bruder" sein.

(Foto: dapd)

Politische Kontinuität in Sachsen-Anhalt: Die CDU hat die Landtagswahl trotz Verlusten gewonnen und kann mit der SPD weiterregieren. Ein rechnerisch mögliches rot-rotes Bündnis schloss die SPD am Wahlabend aus, weil die Linke stärker ist und sie nicht die Rolle des Juniorpartners bei Rot-Rot übernehmen will. Die Grünen feierten nach 13 Jahren mit ihrem bislang besten Ergebnis in Sachsen-Anhalt die Rückkehr in den Landtag. Die FDP flog mit einem ihrer schlechtesten Resultate raus. Die rechtsextreme NPD scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde.

Wulf Gallert konnte die Linke stabil halten.

Wulf Gallert konnte die Linke stabil halten.

(Foto: dapd)

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Reiner Haseloff auf 32,5 Prozent und verliert damit mehr als 3 Punkte im Vergleich zu 2006. Die Linke mit Fraktionschef Wulf Gallert an der Spitze verliert leicht und erzielt 23,7 Prozent. Die SPD mit ihrem Kandidaten Jens Bullerjahn erreicht 21,5 Prozent und schneidet damit ähnlich ab wie 2006. Die Grünen verdoppeln ihr Ergebnis von 2006 und kehren mit 7,1 Prozent - ihrem besten Ergebnis bislang in Sachsen-Anhalt - in den Landtag zurück. Keine Chancen hat die FDP mit 3,8 Prozent. Die NPD verpasst mit 4,6 Prozent ebenfalls den Einzug ins Magdeburger Parlament.

Im neuen Landtag erhält die CDU 41 Sitze (bisher: 39). Die SPD stellt 26 Abgeordnete (bisher: 24), die Linke 29 (bisher: 25) und die Grünen 9 Abgeordnete (bisher: 0). Die FDP verfügte bislang über 7 Mandate. Die Wahlbeteiligung, die 2006 mit 44,4 Prozent so niedrig wie nie zuvor bei einer Landtagswahl in Deutschland gewesen war, lag dieses Mal nach Einschätzung des Landeswahlleiters bei 52 bis 53 Prozent.

Wahlparty der Grünen: Grund zur Freude.

Wahlparty der Grünen: Grund zur Freude.

(Foto: dpa)

Die SPD hatte sich Rot-Rot vor der Wahl nur unter ihrer Führung als Option offengehalten. Spitzenkandidat Bullerjahn bekräftigt am Wahlabend, dass seine Partei nicht die Juniorrolle in einem rot-roten Bündnis übernehmen wolle. "Wir werden keine Koalition mit einem linken Ministerpräsidenten machen, das gilt nach wie vor", sagte er. Linken-Spitzenkandidat Gallert bot der SPD gleichwohl Gespräche über eine Koalition an. Voraussetzung sei aber, dass die Linke auch den Ministerpräsidenten stelle. CDU-Spitzenkandidat Haseloff kündigte Gespräche so schnell wie möglich mit der SPD an. Es gebe einen klaren Wählerauftrag, der laute: "Versucht, diese Koalition fortzusetzen."

FDP-Mann Wolpert ist hart aufgeschlagen.

FDP-Mann Wolpert ist hart aufgeschlagen.

(Foto: dapd)

Für die Linke erhob Parteichef Klaus Ernst den Anspruch auf die Regierungsbildung in Magdeburg. "Die SPD muss sich entscheiden, ob sie ihr Programm ernst nimmt", sagte er im ZDF. "Das geht nur mit der Linken." FDP-Chef Guido Westerwelle räumte ein, die Wahl sei für die FDP "gründlich danebengegangen". Er sagte im ZDF: "Wir haben diese Wahl verloren, da gibt es nichts zu beschönigen."

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth erhofft sich von dem Ergebnis Rückenwind für die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in einer Woche. "Frau Merkel und Herr Westerwelle haben mit ihrem Zickzack-Kurs und ihrer ungerechten Politik die rote Karte bekommen." SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sieht die Demokratie durch das Scheitern der rechtsextremen NPD in Sachsen-Anhalt gestärkt. "Es gibt einen großen Gewinner heute Abend, das ist die demokratische Kultur in Deutschland." Zudem gebe es einen klaren Verlierer, "das ist die FDP". Auch die CDU habe zum dritten Mal bei Landtagswahlen Verluste erlitten. "Das haben sie auch verdient", sagte Nahles.

Böhmer hört auf

Nach der schweren Niederlage bei der Hamburg-Wahl vor vier Wochen fielen die Verluste für die CDU in Sachsen-Anhalt deutlich geringer aus. Unklar war, wie stark die Affäre um den zurückgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Wähler beeinflusst hat. Die Wahl war nach der Analyse der Forschungsgruppe Wahlen eher landespolitisch geprägt. Nach der Reaktorkatastrophe in Japan sei die Atomkraft zwar nicht als Problem im Land gesehen worden, aber für 42 Prozent - und für 60 Prozent der Grünen-Wähler - relevant bei der Wahlentscheidung gewesen. Ohne die Entwicklung der vergangenen Tage wäre der Einzug der Grünen in den Landtag keineswegs sicher gewesen.

Böhmer gibt das Amt auf.

Böhmer gibt das Amt auf.

(Foto: dpa)

Gebannt schauen vor allem Union und FDP jetzt auf die Doppelwahl in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am kommenden Sonntag. Ein Scheitern im Südwesten könnte auch erhebliche bundespolitische Auswirkungen haben.

Von Anfang an war klar, dass Sachsen-Anhalt nach dem 20. März einen neuen Regierungschef erhält. Der 75-jährige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) trat nach neun Jahren im Amt aus Altersgründen nicht mehr an. Zu den Wahlkampfthemen gehörte die Arbeitslosigkeit, die trotz kontinuierlichen Rückgangs auf zuletzt rund 13 Prozent weiter eines der Hauptprobleme im Land ist. Sachsen-Anhalt hat zudem die höchste Pro-Kopf-Verschuldung im Osten. Debattiert wurde auch über die Abwanderung junger Menschen. 1990 lebten noch fast 3 Millionen Menschen in Sachsen-Anhalt, derzeit sind es etwa 2,3 Millionen.

Zwei Millionen aufgerufen

Um die 91 Sitze im Landtag - wegen der hohen Zahl an Überhang- und Ausgleichsmandaten werden es schließlich sogar 105 werden - bewarben sich 389 Kandidaten. 13 Parteien mit Landeslisten und 4 Einzelbewerber traten an. Zuletzt saßen 97 Abgeordnete im Landtag in Magdeburg. Rund zwei Millionen Bürger waren zur Wahl aufgerufen.

Bei der Wahl 2006 lag die CDU mit 36,2 Prozent klar vor der Linken (24,1), SPD (21,4), FDP (6,7) und Grünen (3,6). Damals löste die CDU/SPD-Koalition ein Bündnis von CDU und FDP ab.

Quelle: ntv.de, dpa

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