Politik

CSU will nichts von Homo-Ehe wissen CDU vor der nächsten Wende

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(Foto: picture alliance / dpa)

Nach der Atomkraft und der Wehrpflicht rückt die CDU erneut von einer konservativen Überzeugung ab: Die Lebenspartnerschaft Homosexueller soll der Ehe gleichgesetzt werden. Die liberale Justizministerin hat schon einen Gesetzentwurf in der Tasche, der FDP-Chef frohlockt. Doch die CSU stellt sich quer.

Die Union steht vor einem Kurswechsel bei der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Angesichts "der klaren Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollten wir jetzt möglichst rasch handeln und die erforderliche verfassungsrechtliche Gleichstellung auch durchführen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), der "Süddeutschen Zeitung". Das Thema "Homo-Ehe" ist unionsintern heftig umstritten. Vor allem die CSU tritt weiter auf die Bremse.

Wenn es nach dem Willen der CSU geht, wird aus der Homoehe so schnell nichts.

Wenn es nach dem Willen der CSU geht, wird aus der Homoehe so schnell nichts.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es gebe keinen Grund für einen "Schnellschuss", erklärte CSU -Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. "Ehe und Familie haben für uns einen besonderen Rang. Von zentraler Bedeutung ist für uns deshalb, dass Ehe und Familie auch weiterhin privilegiert werden." Landtagsfraktionschef Georg Schmid und die stellvertretende Parteivorsitzende Barbara Stamm äußerten sich ähnlich. Man müsse Ehe und Familie stärken - selbst wenn wir entsprechenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu folgen haben.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem  Magazin "Focus", in dem Urteil des Verfassungsgerichts würden "gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht prinzipiell aus dem Familienbegriff des Artikel 6 des Grundgesetzes ausgeschlossen". Er fügte hinzu: "Wir prüfen, welche Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen sind." Die Karlsruher Richter hatten am Dienstag das Adoptionsrecht homosexueller Lebenspartner gestärkt. Künftig dürfen Schwule und Lesben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft auch Adoptivkinder ihres Partners oder ihrer Partnerin adoptieren.

Jetzt soll die Entscheidung schnell kommen

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der "Welt am Sonntag", bei der Umsetzung des Urteils werde geprüft, "ob auch steuerrechtliche Konsequenzen gefordert sind". Nach Informationen des Blattes wird die schwarz-gelbe Koalition bereits in den nächsten zwei Wochen über Neuregelungen verhandeln. Ein Gesetzesverfahren zu Adoptionsrecht und Ehegattensplitting für Homosexuelle solle noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden, schreibt auch die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Dies sei "kein gesetzgeberisches Hexenwerk", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl dem Berliner "Tagesspiegel".

Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hatte sich bislang im Einklang mit der Mehrheit ihrer Partei gegen eine steuerliche Gleichstellung gestellt. Beim CDU-Bundesparteitag im Dezember in Hannover war die Mehrheit der Delegierten noch beim Nein geblieben. In den vergangenen Jahren war die Partei bereits bei der Atomkraft und der Wehrpflicht von alten Grundüberzeugungen abgerückt. Die CSU kündigte im aktuellen Fall Widerstand an. "Ich bin mir sicher, dass es mit der CSU in den nächsten Monaten keine komplette Gleichstellung geben wird", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer dem "Tagesspiegel am Sonntag".

Homosexuelle Paare beklagen, dass sie vor allem beim Ehegattensplitting weiterhin benachteiligt werden. Dabei geht es um gleiche Steuervorteile für homosexuelle Paare wie für Eheleute. Sowohl die Oppositionsfraktionen als auch der Koalitionspartner FDP fordern seit langem eine Gleichbehandlung.

FDP freut sich über den Sinneswandel

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler kommentierte den Vorstoß aus der Unionsfraktion erfreut: "Mit diesem Schritt erkennt die Union endlich unsere offene und tolerante Gesellschaft an." Ziel der schwarz-gelben Koalition müsse nun sein, "noch in dieser Legislaturperiode eine möglichst vollständige Gleichstellung zu erreichen", sagte der Vizekanzler. "Dies betrifft sowohl das volle Adoptionsrecht als auch die steuerliche Gleichstellung. Wir sind bereit, schnell zu handeln." Ein Urteil zur steuerlichen Gleichstellung von Homo-Ehen beim Ehegattensplitting steht noch aus.

Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hält den sich abzeichnenden Sinneswandel der Union für überfällig. "Mein Ministerium hat einen fertigen Gesetzentwurf zur vollen Adoption in der Schublade", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Dieser Entwurf stelle Ehe und Lebenspartnerschaft im Adoptionsrecht vollständig gleich. Auch beim Ehegattensplitting will sie einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zuvorkommen, wie sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte.

Opposition bietet Zusammenarbeit an

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte, es sei "ein Trauerspiel", dass erst das nächste drohende Urteil die Union in Bewegung bringe. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, kündigte an: "Wenn die Union ernsthaft ihre Diskriminierungspolitik gegenüber homosexuellen Lebenspartnerschaft beenden will, sind wir zur Zusammenarbeit jederzeit bereit." Eine Gleichberechtigung sei überfällig. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann erklärte, die SPD-Länder würden am 1. März einen Gesetzentwurf zur steuerlichen Gleichstellung im Bundesrat zur Abstimmung stellen. "Dann muss die Union Farbe bekennen."

Quelle: ntv.de, dpa

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