Aufstand der Frustrierten CSU-Politiker rebellieren gegen Seehofer
22.06.2014, 10:41 Uhr
Horst Seehofer kann seine Kritiker nicht ruhigstellen. Teile der CSU machen ihn für die Schlappe der Partei bei der Europawahl verantwortlich.
(Foto: REUTERS)
Erst Huber, jetzt Ferber und Friedrich - immer mehr namhafte CSU-Politiker kritisieren Parteichef Seehofer. Aber womöglich hegen die Männer, die jetzt aufbegehren, nicht nur Groll gegen ihren Chef, weil es der Partei schlecht geht.
Die Kritik an Horst Seehofers Führungsqualitäten lässt nicht nach. Eine Woche vor einem Klausurtreffen der CSU in München stellen gleich mehrere Spitzenpolitiker der Partei ihren Chef infrage. "Die CSU ist heute in Berlin ähnlich einflusslos wie 2008 unter Beckstein und Huber", sagte Markus Ferber, der Spitzenkandidat der Christsozialen für die Europawahl, dem "Spiegel". Mütterrente oder Ausländermaut sind keine Kernanliegen Bayerns. Die entscheidende Frage ist, wie Bayern seinen wirtschaftlichen Erfolg in den kommenden Jahren fortsetzen kann." Unter Ministerpräsident Günther Beckstein und Parteichef Erwin Huber verlor die CSU 2008 erstmals seit 46 Jahren ihre absolute Mehrheit in Bayern. Bei der Europawahl unterbot sie dieses Ergebnis noch. Die Partei kam am Ende nur noch auf 40,5 Prozent. "Die Wahrnehmung der Bürger ist: Wenn genügend Druck auf den CSU-Chef aufgebaut wird, springt Seehofer schon", so Ferber.
Der frühere Innen- und Agrarminister, Hans-Peter Friedrich, rebelliert ebenfalls gegen den CSU-Chef. Und auch er spielt auf die Schwäche der Partei in Berlin an. "Seit Jahren ist die Beseitigung der kalten Progression im Steuerrecht ein Kernanliegen der CSU", sagte er dem "Spiegel". "Unsere Wähler verstehen nicht, warum sich die CSU in Berlin auf einmal nicht mehr dafür einsetzt." Friedrich warf ihm zudem mangelnde Durchsetzungsfähigkeit während der Koalitionsverhandlungen und in den ersten Tagen der Großen Koalition vor.
Vor kaum einem Monat unterstellte bereits der frühere CSU-Chef, Huber, Seehofer "politische Todsünden" und forderte einen personellen Neuanfang, den Seehofer nicht allein bestimmen dürfe: "Wir dürfen uns nicht auf die von Seehofer installierten Kronprinzen beschränken. Die Nachfolgefrage geht uns alle in der Partei an."
Bleibt Seehofer bis 2017 CSU-Chef
Nach Angaben des "Spiegel" gibt es auch eine Reihe junger CSU-Abgeordneter, die nicht mehr viel von Seehofer halten. Öffentlich geäußert haben die sich aber nicht. Zu Wort sind bisher nur Politiker gekommen, die mit ihrer Parteikarriere gewissermaßen schon gescheitert sind. Oder zumindest ihren Höhepunkt erlebt haben. Ferber musste nach dem Europawahl-Debakel seinen Posten als Vorsitzender der CSU-Europagruppe aufgeben. Friedrich degradierte Seehofer erst vom Innen- zum Agrarminister. Wegen der Edathy-Affäre musste der 57-Jährige das Kabinett dann endgültig verlassen. Huber wiederum musste schon nach dem Wahldebakel 2008 seinen Führungsanspruch in der Partei aufgeben. Seehofer ersetzte ihn.
Zwar rechnet laut des "Spiegels" niemand damit, dass Seehofer sein Amt kurzfristig aufgeben muss. Beobachter rechnen damit, dass der heute 64-Jährige einen Führungswechsel rechtzeitig zur Bundestagswahl 2017 anstrebt. Es dürfte ihm angesichts der zunehmenden Kritik aber immer schwerer fallen, sich durchzusetzen – sei es nun in Bayern oder in Berlin.
Quelle: ntv.de, ieh