Politik

Verunsicherung in Kreuth CSU in gedrückter Stimmung

Nach den Spannungen mit der CDU herrscht auch in der CSU Verunsicherung über den weiteren Weg aus der gegenwärtigen Krise der Union. Zwar bemühte sich CSU-Chef Edmund Stoiber am Donnerstag, das Misstrauen zwischen den Unionsparteien abzubauen. Doch auch am zweiten Tag der traditionellen Klausurtagung der CSU- Landesgruppe im oberbayerischen Wildbad Kreuth war allgemein die Stimmung über die Lage der Union gedrückt.

Als Reaktion auf die massive Kritik aus der CDU an Aussagen von CSU-Landesgruppenchef Michael Glos zur Führung von CDU-Chefin Angela Merkel rief Stoiber die Union zur Einheit auf. "2005 ist das Jahr der Geschlossenheit", sagte er.

Ein Auslöser für das Unbehagen in der CSU war ein Vortrag der Meinungsforscherin Renate Köcher vom Vortag, die nach allgemeiner Einschätzung die Hoffnungen der Union auf einen Sieg bei der Bundestagswahl stark gedämpft hatte. Auch Stoiber sagte, die Analyse zeige, dass sich die Union verbessern müsse. Ein hochrangiger Abgeordneter meinte: "Da müssen einige sich am Riemen reißen."

In der CSU wurden als Antwort auf die Krise Rufe nach einem schärferen Kurs gegen die Bundesregierung laut. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Peter Ramsauer, sagte, die Lage der Union sei "völlig unbefriedigend". Die Opposition sei durch die vielfach notwendige Zusammenarbeit mit der Regierung im Vermittlungsausschuss "nicht mehr als klares Alternativkonzept sichtbar". "Es muss Schluss sein mit der quasi großen Koalition."

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion Hartmut Koschyk sagte der dpa: "Wir müssen ein klareres Profil zeigen." Themen zur Abgrenzung gegenüber der Regierung seien das Nein zu einem EU-Beitritt der Türkei, aber auch die Ausländer- und Asylpolitik. Auch Stoiber deutete an, dass er künftig vor allem die Grünen attackieren wolle.

Nachdem Glos den Führungsstil von CDU-Chefin Angela Merkel in Frage gestellt und ihre künftige Position mit den Ausgang der Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in Verbindung gebracht hatte, rief Stoiber demonstrativ zur Einheit der Union auf. Absoluten Vorrang solle das Vertreten von gemeinsamen Positionen haben. Vor allem in den betroffenen CDU-Landesverbänden aber auch in der Bundespartei hatten die Aussagen von Glos erboste Reaktionen ausgelöst.

Stoiber schloss sich Glos' kritischen Äußerungen ausdrücklich nicht an. Alle Führungsverantwortlichen der CSU seien "selbständige politische Persönlichkeiten", die dafür sorgten, dass die politische Diskussion "konturenreich" verlaufe, sagte Stoiber mit Blick auf diese Aussagen. Offenbar um Druck von Merkel zu nehmen, betonte er, dass die Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in erster Linie Landtagswahlen seien "und nicht vorgezogene Bundestagswahlen".

Auch Glos war zur Mitte der Klausurtagung deutlich um Entspannung bemüht. Die Entfachung von Streit sei in keiner Weise beabsichtigt gewesen, sagte er. "Wir wissen, worum es geht." Man habe sich lediglich "gegenseitig ein paar gute Ratschläge" gegeben.

Nicht ohne Widerspruch verlief in der CSU-Landesgruppe indessen auch die Diskussion über die Annahme des EU-Verfassungsvertrags. Nach dpa-Informationen hatten bis Donnerstagmittag mittlerweile 18 Parlamentarier der Christsozialen eine Erklärung unterschrieben, in der eine neue EU-Konferenz für eine Überarbeitung des 2004 geschlossenen europäischen Verfassungsvertrags gefordert wird.

Der neue Chef der konservativen französischen Regierungspartei UMP, Nicolas Sarkozy, will die Zusammenarbeit mit der CSU ausbauen. Er sei sich mit CSU-Chef Stoiber in vielen Fragen der Europapolitik völlig einig, sagte Sarkozy bei der CSU-Klausur. Als Beispiele nannte er die deutsch-französische Freundschaft, eine Erweiterung der Achse Berlin-Paris sowie das Nein zu einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen