Politik

Wer hat das Sagen in Afghanistan? Das Comeback der Taliban

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Taliban-Vertreter eröffnen ihre neue Dependence in Doha, Katar.

(Foto: dpa)

Die internationalen Truppen ziehen aus Afghanistan ab und der diplomatische Verteilungskampf beginnt. Die Taliban schalten sich ein und treiben einen Keil zwischen die Regierungen Afghanistans und der USA. In einem diplomatischen Marathon muss der US-Außenminister das Schlimmste verhindern.

Es ist nicht lange her, da wurde in den USA, in Deutschland und in anderen westlichen Ländern darüber diskutiert, ob man für eine friedliche Zukunft Afghanistans auch mit Taliban verhandeln dürfte. Die Frage ist mittlerweile geklärt. Nun steht zur Debatte, ob die afghanische Regierung in diese Gespräche einbezogen werden muss.

Die USA führten nämlich offensichtlich Vorgespräche mit Talibanvertretern, in denen es um Geheimverhandlungen zur Zukunft Afghanistans ging. Die Islamisten schaffen es damit tatsächlich, einen Keil zwischen die Verbündeten aus Washington und Kabul zu treiben.

Zwar sind die Gespräche nun geplatzt, doch ein Ziel haben die Taliban bereits erreicht, sagte ein ehemaliger afghanischer Diplomat der "New York Times": Den Taliban sei es darum gegangen, so salonfähig zu werden, dass sie in Zukunft eventuell sogar bei Wahlen antreten können.

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Das Taliban-Büro präsentierte sich wie eine Botschaft.

(Foto: AP)

Wie ist den Taliban das gelungen? Erst am Dienstag eröffneten die Islamisten in Doha, der Hauptstadt Katars, ein Büro. Ein Band wurde durchschnitten und die Taliban-Hymne gespielt. Auf dem Dach wurde die Flagge der Taliban gehisst und ein Schild wies das Haus als Vertretung des "Islamischen Emirats Afghanistan" aus – so hatten die Taliban Afghanistan genannt, bevor sie gestürzt wurden.

Afghanische Regierung außen vor gelassen

Außerdem sprachen sie ein Angebot aus: Über das neue Büro wollten sie Kontakt mit den Vereinten Nationen und Staaten auf der ganzen Welt aufnehmen. Angeblich sollen sie sogar signalisiert haben, dass sie sich von Al Kaida lossagen – was die USA seit langem fordern und was auch der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière bei seinem aktuellen Besuch in Afghanistan bekräftigte. Jeder, der zu einer friedlichen Lösung des Afghanistan-Konflikts beitragen könne, sei willkommen.

Die USA wissen, dass sie ohne die mächtigen Taliban keine halbwegs stabilen Verhältnisse in Afghanistan schaffen können. "Dieses Land wird nie ein sicheres Land werden", sagte de Maizière sogar bei seinem heutigen Besuch. Um die zukünftige Sicherheitslage positiv zu beeinflussen, gingen die USA auf das Gesprächsangebot der Islamisten ein. Die "Washington Post" berichtet, die Gespräche hätten schon am Donnerstag beginnen sollen. Allerdings verpassten es beide Seiten, die afghanische Regierung einzuladen.

Präsident Hamid Karsai tobte: Zum einen kritisierte er, dass die USA hinter seinem Rücken Verhandlungen führten, um andern empfand er die Darstellung des neuen Taliban-Büros als Provokation: Das Büro erwecke den Anschein, die Botschaft einer Exilregierung zu sein – stelle also die Legitimität von Karsais Regierung infrage.

Kerry wird in Doha erwartet

Was dann folgte, beschreibt die "New York Times" als "turbulente 24 Stunden ununterbrochener diplomatischer Bewegungen". Außenminister John Kerry habe in dieser Zeit dreimal beim afghanischen Präsidenten angerufen und außerdem Druck auf die katarische Regierung ausgeübt, damit diese die Taliban dazu bringt, Schilder und Flaggen von ihrem Büro zu entfernen. Das ist offensichtlich auch gelungen.

Die ursprünglich geplanten Gespräche mit den Taliban wurden abgesagt, nun soll die afghanische Regierung doch mit am Tisch sitzen. Schon bald könnte es damit losgehen, die US-Diplomaten sind bereits vor Ort. Für Freitag wird Kerry selbst in Doha erwartet. Seine Mitarbeiter behaupten, er werde dort nicht mit den Taliban sprechen.

Selbst, wenn das die Wahrheit sein sollte, haben die Taliban mit einen Erfolg errungen. Sie erscheinen jetzt fast als gleichberechtigte mit der Karsai-Regierung. Der Präsident hatte zuletzt häufiger einen US-kritischen Ton angeschlagen, wollte sich seine Politik nicht mehr aus Washington diktieren lassen.

Das Geld und die Waffen, die für die Sicherheit in Afghanistan benötigt werden, kommen aber immer noch aus den USA. Am Ende ist es also die dortige Regierung, die über das Schicksal des Landes am Hindukusch entscheidet.

Quelle: ntv.de

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