Politik

Das Dilemma des Kabinetts Merkel III Das Geschacher geht nicht auf

Mindestens einen Minister müssen sie opfern. Seehofer, Merkel und Pofalla (v.l.).

Mindestens einen Minister müssen sie opfern. Seehofer, Merkel und Pofalla (v.l.).

(Foto: REUTERS)

Noch ringen Union und SPD um Inhalte. Personalien schieben sie in den Koalitionsverhandlungen angeblich auf. Allen Beteiligten dürfte bewusst sein: Die Postenverteilung könnte am Ende fast so schwer fallen wie der Streit um Mindestlohn und PKW-Maut.

Besonders übel trifft es die CDU: Die Partei gewinnt bei der Bundestagswahl fast acht Prozentpunkte hinzu. Trotzdem muss die Truppe von Angela Merkel auf Ministerposten verzichten. Der neue Wunschkoalitionspartner der Kanzlerin heißt SPD und die kann die Kanzlerin nicht mit genauso wenig Ministerämtern abspeisen wie die FDP.

Mittlerweile scheinen sich die Koalitionäre auf die Verteilung der Ressorts geeinigt zu haben. Die CDU stellt die Kanzlerin und den Chef des Bundeskanzleramts. Die Amtsinhaber Merkel und Roland Pofalla sind gesetzt. Es bleiben 14 Ministerien. Davon gehen sechs an die SPD (eines mehr als an die FDP). Die CSU darf weiterhin drei Minister stellen. Für die Christdemokraten bleiben nur noch fünf. Mindestens eines zu wenig.

Wie man es auch wendet: Das Geschacher um Wunschposten wird für die CDU nicht aufgehen. Und auch für Christsoziale und Sozialdemokraten erwächst das Thema Personalien zu einem scheinbar unlösbaren Problem.

Dass Kristina Schröder geht, reicht nicht

Umweltminister Altmaier muss um seinen Job bangen.

Umweltminister Altmaier muss um seinen Job bangen.

(Foto: REUTERS)

Sollte die CDU das Finanzministerium behalten, wonach es derzeit aussieht, bleibt Wolfgang Schäuble Herr des Hauses. Erstaunlicherweise gilt auch der politisch schon totgesagte Thomas De Maizière inzwischen als sicher. Allzu offensichtlich hat sich nach dem Afghanistaneinsatz, dem Aus Franz-Josef Jungs durch die Kundus-Affäre und jenem Drohnen-Debakel, dem de Maizière fast zum Opfer fiel, gezeigt, dass man im Verteidigungsministerium nur schwer an Popularität gewinnt. Außer De Maizière will niemand das Amt. Gleiches gilt für das Bildungsressort. Johanna Wanka darf es wohl behalten. Weil sie keine Konkurrenz hat und das Amt erst vor wenigen Monaten von der plagiatsaffärengebeutelten Annette Schavan ergattern konnte.

Sicher ist zudem, dass die CDU das Familienministerium abgeben muss. Vermutlich wird die Sozialdemokratin Manuela Schwesig übernehmen. Ein Glück, dass Amtsinhaberin Kristina Schröder sich ohnehin aus der ersten Reihe der Politik zurückzieht. Doch mit diesem Opfer kommt die CDU nicht davon. Sie wird noch mindestens ein weiteres Ministerium preisgeben müssen.

Der Preis für das Finanzministerium

Die SPD beansprucht als Partei der sozialen Gerechtigkeit das Arbeitsministerium von Ursula von der Leyen für sich. Im Gespräch für den Posten ist Parteichef Sigmar Gabriel. Die zweitstärkste Frau der Union wird ihr Amt also räumen müssen, und das ist das größte Problem der CDU. Denn aus dem Kabinett drängen lässt sie sich nicht. Von der Leyens Wunschposten ist der Chefsessel im Auswärtigen Amt. Doch auch das dürfte die SPD für sich beanspruchen. Der Außenminister in Spe heißt Frank-Walter Steinmeier. Er wird wohl das nicht mehr ganz so bedeutungsvolle Ministerium dafür bekommen, dass Merkel ihren Finanzminister halten darf. Auch das Wirtschaftsministerium könnte an die SPD gehen. Wer es übernimmt, ist aber noch nicht klar. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Sozialdemokraten, Thomas Oppermann, sitzt vermutlich bald im Justizministerium. Hinter diesem Häuserkampf steckt das defizile Machtgefüge im künftigen Kabinett. Kriegt die Union die Überministerien Finanzen und Innen, müssen es für die SPD mindestens Außen und Justiz sein.

Wohin mit Ursula von der Leyen?

Wohin also mit Von der Leyen, die im Kabinett als unentbehrlich gilt? Bei der Regierungsbildung ging es noch nie um Eignung, sondern immer um Einfluss, Proporz oder Herkunft - um die kleinen Machtspiele in der großen Politik. Für Von der Leyen kommt in der Theorie daher jedes Ministerium in Frage, entscheidend ist nur, dass es einen gewissen Prestigefaktor hat. Nur viele Ministerien bleiben da nicht.

Die CSU blockiert mit Hans-Peter Friedrich das Innenministerium. Das Verkehrsministerium wird sich Parteichef Horst-Seehofer angesichts seiner Mautpläne auf keinen Fall nehmen lassen. Vom Amtsinhaber Peter Ramsauer hält Seehofer zwar nicht mehr viel. Aber sicher ist, dass ein Christsozialer übernimmt. Auch das Landwirtschaftsministerium wird sich Seehofer angesichts der starken Bauern-Lobby in Bayern nicht nehmen lassen.

Es bleiben das Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit, das Gesundheitsministerium und das Umweltministerium. Bedeutsam ist angesichts des Klimawandels das Umweltministerium. Das würde von der Leyens Parteikollege Peter Altmaier aber allzu gern behalten. Ein Unionsminister verliert also auf jeden Fall. Wer das Umweltministerium nicht bekommt, muss sich um eines der Ministerien kümmern, die ganz unten auf der Beliebheitsrangliste der Politiker stehen - oder aus dem Kabinett ausscheiden.

Bär wäre ein Franke zu viel

Ähnlich verworren geht es bei der CSU zu: Zwar ist klar, welche Ministerien die Partei bekommt. Nur muss es Horst Seehofer irgendwie gelingen, noch eine Frau in der Riege zu installieren. Eine reine Männerrunde wäre im Jahr 2013 ein allzu starkes Signal der Altertümlichkeit.

Seit klar ist, dass Ilse Aigner künftig lieber ausschließlich in Bayern in der Regierung sitzen will – sie bereitet sich auf die Nachfolge Seehofers vor – ist Dorothee Bär ein Name, der für das Landwirtschaftsministerium immer wieder fällt. Nur gibt es ein Problem: Die Nachwuchshoffnung der Christsozialen stammt aus Franken. Und daher kommt auch schon Innenminister Friedrich. Den Regionalpatrioten im Freistaat, darunter dem Oberbayern Seehofer, dürfte dieses neue Kräfteverhältnis nicht gefallen.

Das Dilemma der SPD grenzt dagegen an Luxus. Sie darf schließlich sechs neue Minister küren. Niemand wird degradiert, schlimmstenfalls fühlt sich der eine oder andere übergangen. Doch selbst das Problem ist nicht das Problem der Sozialdemokraten. Als sichere Kandidaten gelten Oppermann und Gabriel. Auch der Name Steinmeier fällt auffällig oft. Um die parteiinterne Frauenquote zu erfüllen, müsste die SPD diesem Trio drei weibliche Politiker zur Seite stellen. Doch dabei tun sich die Sozialdemokraten schwer. Abgesehen von Schwesig und Nahles hat keine nahmhafte Sozialdemokratin ihren Anspruch angemeldet. Es wird also – irgendjemand. Eine Schmach für eine Volkspartei, die eigentlich über ausreichend Prominenz in der Personalreserve verfügen sollte, um sechs Ministerposten zu bekleiden.

Quelle: ntv.de

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